Rückblick
Mit demütiger Freude muss ich sagen, ich bin übern Berg. Nicht nur, dass ich die Hälfte geschafft habe, es war ein unglaublich schwerer Anfang. Ich hab zeitweise nicht mehr gewusst, wie das weitergehen soll. Es waren nicht nur die anspruchsvollen Etappen, es war zum Teil so brutal. Dazu kam, dass ich mich am zweiten Tag verfahren habe und 13 Stunden auf dem Motorrad unterwegs war. Da konnte ich mich gar nicht mehr erholen. Nachdem die erste Sonderprüfung sehr gut gegangen ist, war ich dann irgendwie gebrochen. Dann denkt man an die Mama, die mit Gürtelrose daheim liegt; wahrscheinlich wegen uns, weil die nervliche Belastung so groß ist. Und da füllt man so manche stumme Träne in die Brille hinein. Das ist schon brutal, grenzwertig.
Als die anderen gesagt haben, das Brutalste, das man sich vorstellt, muss man nochmals verdoppeln. Genauso war das. Deswegen bin ich so glücklich jetzt, weil ich glaube, dass jetzt der Spaß anfängt. Es ging mir schon vorgestern besser und gestern sowieso, auch wenn das eine brutale Etappe war. Da hieß es, es wird leichter, aber genau das Gegenteil war der Fall.
Es fängt an, Freude zu machen. Es gibt eine andere Ökonomie der Kräfte. Man handelt das Motorrad plötzlich, gewinnt Mut und Selbstvertrauen. Das ist ganz wichtig, denn wenn du dich vor der nächsten Düne schon fürchtest, dann fliegst du mit Garantie. Gerade so schwierige Passagen kannst du weder im Mittelmaß denken, noch meistern, sondern nur entweder gar nicht oder ganz. Und auch mein Maschine, die jetzt wie ein Wohnzimmer für mich ist, war so ein Monster.
Das ist eine Rennmaschine, mit der kann man nicht halb fahren. Die muss man bändigen wie ein Rennpferd. Obwohl sie sehr viele Dinge verzeiht und mir mit Sicherheit an die 20mal wahrscheinlich das Leben gerettet hat, weil sie Steine einfach schluckt. Manchmal sieht man gar nichts, weil man gegen die Sonne fährt, mitten im Gelände und man fährt gedankenversunken und teilweise auch überkonzentriert und dann erwischt man einen Stein mit 120. Aber die KTM schluckt das einfach und man gewinnt an Vertrauen, dann fühlt man sich wohl und ist mutiger. Das brauchts.
Rückblick
Es ist überwältigend! So viele Eindrücke. Ich versteh jetzt schon den Flash, den der Kini und diese ganzen Rallye-Cracks haben. Das fährt ein. Eine Rallye ist wie ein komprimiertes Leben. Du erlebst solche Höhen und Tiefen. Wenn du ganz unten bist, denkst dir immer, es ist aus und plötzlich kommt von irgendwo ein Lichtlein her und es geht wieder weiter. Nach dem ersten Tag, an dem ich so allein war, hab ich in der Nacht auch noch so gefroren und nichts geschlafen. Dann ist es mir auf der zweiten Etappe aber so gut gegangen und die dritte ist phänomenal gewesen. Das ist absurd. Man geht über die körperliche und psychische Grenze. Ich hab gar nicht gewusst, wo die ist. Da stoßen Endorphine raus. Ich bin selbst noch ein bisschen sprachlos. Abgesehen davon, dass wir in einer Gegend sind, die unbeschreiblich schön ist.
Ich erwarte nichts und lass Dinge sehr gerne auf mich zukommen. Man kann sich schwer nicht vorstellen. Was ist schwer? Dass man müde ist? Das ist ein Gesamtpaket an Eindrücken und Emotionen, Höhen und Tiefen, die man übersteht. Das macht diese Rallye aus. Das ist ein gutes Gefühl, echt cool!
Du hast jeden Tag 20 Höhepunkte und 20 Tiefpunkte und jeder Tiefpunkt ist wirklich so, dass du glaubst, es ist vorbei. Wenns dich legt und du bist allein. Wenn du den Weg nicht findest und meinst, du bist verloren. Allein, wenn du 30km fährst, niemand ist da und du weißt nicht, ob das jetzt stimmt oder nicht stimmt. Was du allein in diesen 30km durchmachst. Ich bin ja Europäer und habe zum ersten Mal diese Wildnis erlebt. Wenn da hunderte Kilometer einfach nichts ist, das fährt ein. Das ist etwas, das ganz tief geht und deswegen sind diese Gefühle und Emotionen auch so tief.
Du kannst nie sagen, wie der nächste Tag wird. Du weißt nicht, was dich erwartet. Das Rennen ist wie komprimiertes Leben. Heut hats mich hingelegt. So ein Sturz geht schnell. Das ist wie im Leben. Das Schicksal kommt auch immer unvorbereietet. Es kommt immer dann, wenn du es nicht für möglich hältst. Im Positiven wie im Negativen. Ich gehe jeden Tag an den Start und genieße den Moment, die Landschaft, die Kameradschaft. Es ist cool!
Die erste Woche hatte einige Tiefs aber auch Hochs zu bieten. Vor allem der Tobias hatte zu kämpfen, dabei zu bleiben. Da muss auch ich dem Jochi Sauer danken, der ihn immer wieder motiviert und bis hierher zum Ruhetag gebracht hat.
Aber wir hatten auch echte Dakar-Verhältnisse, sprich in der ersten Nacht -4 Grad, keiner hat was geschlafen, am nächsten Tag um 07 Uhr in der Früh der Start und der Tobias erst wieder um 07 Uhr am Abend im Ziel. Das waren elbst für gestandene Motorradfahrer keine leichten Etappen. Am Tag darauf hat er bei der ersten Sandetappe, bei der auch technisch wirklich schwierige Passagen dabei waren, sehr viel Energie verbraucht; umso größer ist die Freude, dass er sich wieder motiviert hat und wieder mit der gleichen Motivation wie vor der Rallye an die Sache herangeht. Dass wir mit ihm den Ruhetag erreicht haben, ist absolut als Erfolg zu betiteln.
Der Gregor hat uns alle überrascht. Der fährt hier mit Leuten mit, die schon viele Jahre Dakar auf dem Buckel haben und Platzierungen um den 25. Platz hatten. Das hat sich keiner erwartet und das war auch nicht die Zielsetzung. Super geil, absolut positiv zu bewerten. Der Klaus, der ihn als fahrender Kameramann begleitet, der hat es ab und zu gar nicht so leicht ihm zu folgen. Er hat nur hin und wieder richtige Hänger, wo ihn der Klaus richtig schimpfen muss, davon ist er richtig gezeichnet.
Der letzte Tag vor dem Ruhetag, der ist von sich aus schon eine große Motivation, weil man es so weit geschafft hat und einen Tag Pause hat. Heute können sie sich super erholen hier in Dakhla, es ist warm, aber nicht zu heiß. Angenehme Atmosphäre hier am Meer und deswegen bin ich überzeugt, dass die nächsten fünf Tage keine Erholung werden. In Mauretanien gibts kaum noch Steine, fast nur Sand. Das wird von den Jungs schon das ihrige fordern.
Da wird der Tobias wieder mehr zu kämpfen haben, weil er sehr viel Respekt und Angst vor dem Sand hat und der Gregor, der freut sich. Der hat seinerseits die Steine gehasst für die Pest. Ich bin nach wie vor hundertprozentig überzeugt, dass, wenn nicht was Blödes passiert, wir mit beiden Jungs in Dakar einlaufen werden.
1. Martin Rabenlehner AUT KTM 04:50:38
2. Klaus Pelzmann AUT Yamaha 04:52:40
3. Patrick Arnoult FRA Honda 05:01:56
8. Klaus Kinigadner AUT KTM 05:23:40
10. Gregor Bloéb AUT KTM 05:25:24
12. Christian Horwarth AUT Yamaha 05:26:54
13. Tobias Moretti AUT KTM 05:36:41
14. Joachim Sauer AUT KTM 05:37:41
Africa Race 2013, Zwischenstand nach fünf (von elf) Etappen
1. Martin Fontyn FRA KTM 26:28:30
2. Guillaume Martens NED KTM 26:33:28
3. Norbert Dubois FRA KTM 26:50:50 (+00:24:00)
8. Klaus Kinigadner AUT KTM 29:39:19
9. Gregor Bloéb AUT KTM 29:51:49
10. Martin Rabenlehner AUT KTM 29:57:27
11. Klaus Pelzmann AUT Yamaha 30:25:11
12. Christian Horwarth AUT Yamaha 31:08:04 (+02:00:00)
17. Tobias Moretti AUT KTM 37:12:11 (+02:03:00)