Ein Staatsanwaltschaft aus Heilbronn bearbeitet seit 30 Jahren Verkehrsdelikte. Was am 20. August auf seinen Tisch kam, hat er zuvor nicht erlebt. Den Ankläger erstaunte ein 13-minütiger Vollgastrip, der nach 31 Kilometern mit dem Unfall des waghalsigen Motorradfahrers endete.
Der 30 Jahre alte Glaser aus Flehingen (Kreis Karlsruhe) war mit seiner Honda CBR 1000 RR zu einer Höllenfahrt durch den Kraichgau gestartet. Obwohl die Bundesstraße 39 mit Autos und Kolonnen vollgestopft war, beschleunigte der todesmutige Pilot die Maschine bis zum Maximum. Bei Tempo 299 reckte er den Daumen hoch.
Seine Tour lässt sich genauestens rekonstruierten, weil sich der Arbeiter selber gefilmt hatte. Dazu montierte er eine Kamera auf den Tankdeckel. Ob Gegenverkehr oder Geschwindigkeitsbegrenzung, ob Ortsdurchfahrt oder Kurven ? Stephan F. drehte voll auf. Mit Durchschnittstempo 151 preschte er an Lastzügen und Limousinen vorbei, während ein Autotransporter entgegenkam ? zwischen den Fahrzeugen blieben ihm höchstens 20 Zentimeter.
Vor einer Kuppe überholte er einen Lastwagen, dessen Fahrer ? selber Besitzer eines Motorrads ? von Wahnsinn sprach. Vor einem Lieferwagen zog der Kamikaze-Freund seine Honda nach rechts, kam ins Schleudern, flog durch ein Gebüsch und landete auf einem Stoppelfeld.
Den Unfall hat er überlebt mit zwei gebrochenen Wirbeln, einer Knöchelfraktur, einem Leberanriss. Da er zudem noch schwere Kopfverletzungen erlitten habe, könne er sich an Einzelheiten seines extremen Ausflugs nicht erinnern, sagte sein Anwalt gestern im Amtsgericht Heilbronn. Dort war sein Mandant angeklagt wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Weil er vor dem Start das Nummernschild abgeschraubt hatte, musste er sich auch wegen Kennzeichenmissbrauchs verantworten. Die fehlende Tafel verhinderte, dass andere in Gefahr geratene Autofahrer Anzeige erstatteten.
Richterin Isabel Inguilla sah in dem Verhalten ein absolutes Lehrbuchbeispiel für eine Gefährdung.
Der Geschwindigkeitskick müsse zur Verteidigung der Rechtsordnung streng bestraft werden: Es kann nicht angehen, dass man sich so rücksichtslos verhält, es hätten Menschen sterben können. Vier Monate Freiheitsstrafe wurden gegen eine Geldbuße von 2500 Euro zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss Stephan F. noch zwei Jahre auf seinenen Führerschein verzichten. Ein Motorrad will er nach eigenen Angaben nicht mehr besteigen.
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MR/CK