Die Ergebnisse und erlebte Wirklichkeit auf und neben der Rennstrecke mussten mit den Kriterien Zielerreichung und den dazu beschrittenen Wegen erstmal abgeglichen werden.
Nach dem Saisonfinale von Hockenheim sind einige Dinge passiert. GERT56 und Patrick Hobelsberger gehen einvernehmlich getrennte Wege.
Der Fokus 2025 liegt auf der Entwicklung von Jan-Ole Jähnig, der sich trotz einiger Angebote im Fahrerlager für einen Verbleib bei GERT56 entschieden hat. Ihm zur Seite wird Toni Finsterbusch an Bord bleiben, der „noch lange nicht genug“ hat.
In der Meisterschaft 2025 gab es insgesamt 1.960 IDM-Punkte zu vergeben, aufgeteilt auf 28 Fahrer. Die Truppe von GERT56 mit den Piloten Finsterbusch, Jähnig und Hobelsberger holten davon 466 Punkte, was ca. 24 % oder einem knappen Viertel entspricht.
In der Endabrechnung belegte das Team Rang drei (Toni Finsterbusch), Rang vier (Patrick Hobelsberger) und Rang sechs (Jan-Ole Jähnig). Geschlagen und infiltriert nur vom aktuellen Meister (Mikhalchik), dem Vorjahreschampion (Alt) und dem italienischen Meister Zanetti auf Platz fünf. Solch nüchterne Zahlen zeigen deutlich, was GERT56 als Privatteam geleistet hat. Allerdings waren auch Grenzen erreicht, weswegen die Entscheidungen und Anpassungen für einen Fortbestand der gewohnt familiären Teamstruktur bereits getroffen worden sind.
Karsten Wolf:
Dass wir in dieser Saison noch weiter vom IDM-Titel weg waren, als im Vorjahr, und damit die gemeinsamen Ziele von Patrick Hobelsberger und dem Team verfehlt haben, ist nüchterne Realität. Es ist unbestritten und hochrespektabel, welchen großen persönlichen Einsatz „Pax“ ganzjährig an den Tag legt, um erfolgreich zu sein. Es ist aber eben auch offensichtlich, dass er dann zu den 14 Meisterschaftsrennen nicht durchgängig und konstant in der Lage ist, diese Vorleistungen in ein Punktekonto zu verwandeln, was zusammengezählt für den Titel reicht. Wenn dann noch die Möglichkeiten der besten Techniker – unter anderen in Person von Ronny Schlieder als Crewchief – nicht ausreichen, um ihm ein Bike vorzubereiten, was seinen individuellen Ansprüchen genügt und auch ein Riding Coach und unzählige Teamtests nicht den gewünschten Effekt bringen ist es Zeit, neue, aber getrennte Wege zu gehen. Wenn alle Seiten Ihre Möglichkeiten ausschöpfen und trotzdem unzufrieden sind, kann es kein „weiter so“ geben. Jedenfalls nicht bei GERT56. Wir sind Pax sehr dankbar für zwei fantastische Siege, unzählige Podien und den dritten Gesamtrang, den er 2023 in der IDM herausgefahren hat. Noch dankbarer sind wir aber für die Impulse und Reize, die er mit seinem Ansatz ins Team gebracht hat. Auch wenn dieser nicht vollumfänglich der unsere ist, so war doch viel dabei, was sowohl für Fahrer, aber auch für Techniker inspirierend war. Wir wünschen Pax alles Gute, sehen uns sicher wieder und sagen Danke und Servus!
Und welche Botschaft sendet uns ein 31-jähriger Toni Finsterbusch mit einem sensationellen Gesamtrang drei in der Meisterschaft. Bleibt dran an euren Zielen? Dass Erfolg auch in einem klugen Risikomanagement liegt? Dass man angreift, wenn es geht und verwaltet, wenn es eng wird? Klingt langweilig, oder? Weit gefehlt! Wir reden hier von den Top drei der stärksten Superbike Serie Europas, nur bezwungen vom Meister und Vorjahresmeister. Und wo kam er her? Nach einem komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch im Winter humpelte er am Sachsenring aufs Podium. Ein brachialer Abflug in FP1 in Schleiz hinderte ihn nicht mit einem lädierten Knie in Schleiz und Assen fett zu punkten. Und fragst du ihn nach seinem Befinden, wirst du immer ein „geht schon“ zur Antwort bekommen. Als Fahrersprecher ist er geachtet und geschätzt, was nicht zuletzt in der guten Lösung gemeinsam mit Rennleiter Stefan Beck im Nebelchaos am Nürburgring gipfelte. Eine Lösung, die dem Sport und gleichzeitig der Sicherheit der Aktiven zugewandt war.
Haben wir den besten Toni Finsterbusch aller Zeiten schon gesehen? Nehmen wir unser internes Wissen über Reserven und die Annahme, dass er ohne Verletzung durch den Winter kommt, kann auch 2025 sein bestes Jahr werden.
Schaut man sich die Livestreams der IDM aus dieser Saison an und auch unsere YouTube Beiträge von INBO Media, so ist wohl eines des am meistgebrauchten Worte: JO. Ja er ist in aller Munde. Sie fühlt sich gut an, die zweite Saison von Jan-Ole Jähnig bei GERT56 in der Superbike. Er hat alle Tasten benutzt, auf dem Möglichkeiten-Klavier, was wir ihm vom Team hingestellt haben. Er ist ganz klar über das Fahren gekommen und benutzt die technische Entwicklung als Hilfestellung. Sein Fahrstil wird von Konkurrenten und Fachleuten gleichermaßen gelobt. Sein Herausbeschleunigen aus den Kurven, seine Linienwahl und seine Agilität verkörpert Superbike fahren „at its best“. Das Ganze mündete dann in vielen Top drei Trainingsergebnissen. Das schnelle Fahren allein nur mit dem Bike und dem Track ist zu seiner ganz großen Stärke geworden, die er mittlerweile auch in gute Starts ummünzt und die Rennen an der Spitze mitgestaltet.
Klar wurde nach den drei Stürzen analysiert und diskutiert. Zweifel kamen auch insofern nicht auf, weil man anhand seiner Ehrlichkeit in der Einschätzung und den dazugehörigen Daten schnell den Weg heraus aus der Krise erkannt hat. Doch nach dem dritten Abflug in Serie ließ ich es mir nicht nehmen, mal mit meinem jungen Fahrer zu sprechen. Ob es die richtigen Worte waren und ob sie etwas bewirkt haben, wird man nie erfahren. Dem Wunsch seine Angriffe klarer und konsequenter vorzutragen, kam er in Hockenheim in einem furiosen Finale mit zwei zweiten Plätzen mehr als zur Genüge nach. Dass er in Lauf 1gnadenlos in die Lücke zwischen Florian Alt und Ilya Mikhalchik stach, war schon was fürs Auge. Dass der junge smarte 23-jährige aus Altenburg aber schon zumindest eine kleine Brechstange dabei hat, war in der haarigen Aktion mit Flo zu sehen, die aber in keiner Weise absichtlich war und von beiden im Stile echter Könner gemeistert wurde (übrigens auch danach im Gespräch). Und so gab es zu den 40 Punkten in Hockenheim noch Platz sechs in der Meisterschaft obendrauf.
Mein Fazit für die Saison 2024:
Drei Maschinen in der höchsten Spielklasse einzusetzen, war logistisch, personell und finanziell eine echte Herausforderung. Diese Konstellation bietet zwar, wie oben beschrieben, viele Chancen, führt aber zu Problemlagen, die uns bereits zeitig zu der Entscheidung haben kommen lassen, wieder nur zwei Bikes in der IDM einzusetzen. Entspanntere Abläufe im „Dienstplan“, mehr Platz in der Box und wieder mehr Fokus auf den Einzelnen sind ein Weg, um unseren eigenen Ansprüchen besser zu genügen. Es darf nie ein Job sein, es muss immer Spaß machen und daraus muss sich die Leistung generieren.
Vielleicht sind wir auch kein Meisterteam, sondern eher eine Entwickler- und Fördergemeinschaft, welche Fahrer in schwierigem Fahrwasser zur alten Stärke zurückführt (Puffe, Finsterbusch, Hobelsberger) oder junge Talente konsequent fördert (Jähnig). Wir respektieren unsere Wettbewerber, können Platzierungen einordnen und feiern diese nach wie vor gnadenlos ab. Ein Zeichen, dass Erfolg und Sieg bei uns nicht zwangsläufig das Gleiche sind und die Verbissenheit keinerlei Zugang zur Box von GERT56 finden wird.
Mit Jan-Ole Jähnig und Toni Finsterbusch alles beim Alten bei Gert56? Mitnichten! Die Teams um die Crew-Chiefs Filip Altendorfer (Toni) und Holger Homfeldt (J-O) bleiben weitestgehend erhalten, werden ergänzt und mit einer gewissen Redundanz versehen. Ronny Schlieder, der sich so klar in den INBO Media Videos als „technischer Leiter“ vorstellte, wird diese Rolle aktiv als freier Spieler noch besser ausfüllen können. Dabei gilt es schnell und effizient erfolgversprechende Wege für beide Fahrer abzugleichen, ohne der Individualität in der Abstimmung zu schaden. Zudem wird er auch weiterhin als Repräsentant von BMW-Motorrad mit der Infrastruktur von GERT56 einigen Fahrern in der IDM und Pro Superstock Cup mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zudem halten wir gemeinsam einen guten Vorrat an BMW-Motorrad und alpha racing Teilen vor, um den Fahrern auf der Marke auch in der Breite behilflich zu sein. Das bringt uns zwar keine Punkte, aber hoffentlich denen, denen wir helfen konnten und damit haben wir alle Spaß.
Es wird auch weiterhin keinen Nummer-1-Status bei GERT56 geben, doch definieren wir die Zuordnungen klarer. Jan-Ole Jähnig hat mit seinem Gesamtauftritt als Fahrer und Mensch (nicht zuletzt bei der EWC in Le Castellet) für Begeisterung und Begehrlichkeiten gesorgt. Wir haben immer gesagt, dass wir Karrieren begleiten und nicht behindern. Ich habe mich für einen Verbleib von JO im Team stark gemacht, weil ich glaube, dass wir ihn in 2025 zum Siegfahrer entwickeln können. Ohne Druck, jedoch mit sehr viel Aufmerksamkeit auf das, was für ihn persönlich und sportlich wichtig und richtig ist. Eine besondere Rolle spielt dabei der Verbleib von Freund und Mentor Toni Finsterbusch im Team. Und auch wenn Toni auf eigene Rechnung fährt und wir alles für seinen persönlichen Erfolg tun werden, so sind wir doch nun alle bei GERT56 irgendwie Teil der „Mission J-O“. Mit einem Test nur 3 Tage nach dem Hockenheimringfinale mit neuen, auf ihn zugeschnittenen Komponenten in Most, konnten wir die Ernsthaftigkeit unserer Aussagen bei ihm untermauern. Dieser Umstand und die Klarheit, die in unserem Paket steckt, haben ihn überzeugt. Wir werden JO alle Freiheiten für parallele Engagements im Hause BMW Motorrad, sei es für Testaufgaben oder im Rahmen der EWC, lassen und sollte sich die Dinge in der Zukunft weiterentwickeln, können wir stolz sein an diesem Weg beteiligt gewesen zu sein.“
Toni Finsterbusch:
Ich freue mich, dass ich noch ein Jahr mit GERT56 zusammenarbeiten darf. Nach Platz drei in der Gesamtwertung und einer guten Saison mit einigen Highlights werde ich jetzt nicht aufhören. Daher haben wir uns gemeinsam mit dem Team und dem familiären Umfeld entschieden, noch ein Jahr dranzuhängen. Ganz oben auf der Agenda für 2025 steht dabei ein Sieg in einem Einzelrennen. Oft genug war ich nah dran und sowohl ich als auch meine Crew werden alles tun, um diese kleine Lücke technisch und sportlich zu schließen. Ich denke auch, dass ich einiges von meiner Erfahrung noch an JO weitergeben kann und auch in der Vorbereitung sind wir eng vernetzt. Und dann schauen wir mal, wo sich ‚der Kleine‘ (der er schon lange nicht mehr ist) hin entwickelt. Ich werde im Team sein erster Gradmesser sein und ihm einheizen, damit wir beide gemeinsam wieder richtig weit vorne angreifen können.“
Jan-Ole Jähnig:
Die Saison 2024 hat für mich sehr gut angefangen und ich konnte mich beständig in den Top fünf platzieren. Die beiden Podien in Schleiz und Most brachten mich auch in der Gesamtwertung in diese Zielregion. Die Ursachen für die Stürze in Assen und am Nürburgring wurden sachlich analysiert, Fehler erkannt und sichtbar zum Saisonfinale in Hockenheim abgestellt. Die beiden zweiten Plätze bescherten mir Platz sechs in der Gesamtabrechnung und waren verbunden mit der Lernkurve auch ein sichtbares Zeichen für die Steigerung zum Vorjahr. Ich mache mit GERT56 weiter, weil ich das Team großartig finde. Das passt technisch und menschlich sehr gut und ich kann meiner Crew blind vertrauen. Das technische Paket ist top und es macht einfach Spaß in diesem Rahmen Rennsport zu betreiben. Für 2025 ist das Ziel, mich weiter in den Top fünf zu etablieren und dabei konstanter aufs Podium fahren. Mal schauen, was dann dabei am Ende rauskommt.“
MR/Redaktion