Isle of Man TT Rennbericht Julian Trummer

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Hart am Gas: Julian Trummer

Am ersten Tag ging es mit meinem Team TC Racing/DP Coldplaning zum Testen auf die Rennstrecke auf der Insel nach Jurby - die 600er Honda kannte ich bereits aus dem Vorjahr und somit musste ich mich nicht lange damit beschäftigen und ich war glücklich mit dem Bike. 

Danach drehte ich noch 2 lange Sessions mit der neuen Fireblade SP2 , die ich dann ja auch auf der TT fahren sollte…und der erste Eindruck war schon richtig - stark, sehr starkes Bike, welches ich da unter meinem Hintern hatte, aber natürlich noch nicht vorstellbar, wie es sich dann auf dem TT Course anfühlen sollte.

Dieses Jahr war es noch etwas stressiger als sonst, da ich während der ersten TT-Trainingstage auch noch an den Pre TT Races teilnahm, d.h. mit dem Classic Superbike, einer Kawasaki ZXR 750K, an dem Straßenkurs, an dem auch das Southern 100 ausgetragen wird (ebenfalls sehr technischer und sehr gefährlicher Straßenkurs mit Massenstart, alles eingebettet von Steinmauern….)

Freitags hatten wir Training, Samstags direkt vor den ersten TT-Training das Qualifying, welches mir schon zeigte, dass die Engländer ein harter Haufen sind….direkt bevor wir raus mussten fing es an zu regnen, noch nicht genug dass es komplett nass war, aber genug um ordentlich nervös zu werden. Da wir für unser Bike weder Intermediates oder Regenreifen hatten, ging ich mit den Slicks raus. Mein Teamchef Mick Charnock meinte nur, ich solle die Session locker angehen und wenn es zu nass sei einfach reinkommen.  Mit Sicherheit eine meiner brenzligsten Erfahrungen im Roadracing, um so mehr freute es mich zu sehen, dass ich die 5. schnellste Zeit gesetzt hatte.

Somit sollte es am Sonntag ins erste Training gehen und es konnte auch stattfinden, herrliches Wetter versprach uns eine erste lange Session auf dem Supersport Bike.

Als ich beim Training meinen Teamkollegen Daniel Mettam (neuseeländischer Superbike Champion und TT-Newcomer) einholte, sah ich, dass er direkt vor meinen Augen bei weit über 200km/h in eine Steinmauer geknallt ist. Wie durch ein Wunder hat er diesen Unfall mit "nur" 3-4 gebrochenen Rückenwirbeln überlebt und konnte nach 4 Tagen bereits das Krankenhaus verlassen. Hätte ich nicht Flüssigkeit aus meinem Lenkungsdämpfer ins Auge bekommen (und dadurch später dran), wäre ich knapp hinter ihm gewesen und wäre mit voller Wucht in den Feuerball seines Bikes gekracht. 

Montag wurde wieder wegen Regen abgesagt, Dienstag stand somit das erste Superbike Training bevor, für mich das allererste Mal auf einem Superbike um den TT Kurs! Ich hörte alle möglichen Schaudergeschichten zuvor, wie extrem schwierig das Superbike hier zu fahren sei und war somit wirklich sehr sehr angspannt…

Also ging ich meine ersten 4 Runden mehr als vorsichtig an und schnell merkte ich, dass das Superbike hier eine ganz andere Nummer als die 600er ist… die ist einfach nur zickig und will dich nur abschütteln hier, selbst auf den Geraden hatte ich Lenkerschlagen, dass es mich fast abgeworfen hätte… 

Selbst die Geraden bei 300km/h sind einfach nur ein Kampf, das Bike will einfach nicht aufhören zu schlagen….

Aber eins wusste ich sofort: Es gibt nichts Vergleichbares auf der Welt, als mit einem 200 PS Monster auf einer alten Landstraße zwischen Häusern, Mauern, Bäume zu fahren……völlig geistesgestört…dafür gibt’s kein Worte um das beschreiben zu können!!!

Nach den 4 Runden stieg ich ab und war irrsinnig stolz, dass ich den Schritt gewagt habe und war wirklich verdammt stolz, vor allem weil ich bereits eine 118 mph (Anm.: 190 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit) Runde fahren konnte!

Mittwoch bis Samstag wurden alle Trainingsläufe wegen dem anhaltenden schlechten Wetter abgesagt und am Sonntag konnten wir immerhin noch einen Tag trainieren bevor die Rennwoche losging. Am Montag startete mein erstes Rennen und nach ein paar Plaudereien mit Michael Dunlop (19 facher TT Sieger) und Cameron Donald war ich mit einigen wertvollen Tipps gewappnet. 

Leider wurde das Rennen nach 2 Runden abgesagt - der Engländer Daley Mathison verunglückte tödlich. Man ist immer erschüttert und es ist immer sehr tragisch wenn einem Fahrer etwas passiert, jedoch wissen wir alle um die Gefahren - dennoch wäre ich gerne die vollen 4 Runden gefahren, aber das sind nun mal die Gesetze der TT.

Am Dienstag fand das erste Supersportrennen statt und ich war für diese Klasse topmotiviert. Ich pushte von Beginn an und fühlte mich pudelwohl auf dem Bike, ich nutzte jeden cm der Strecke aus, traf alle meine Bremspunkte und Scheitelpunkte und fuhr nach dem ebenfalls auf 2 Runden verkürzten Rennen über das Start/Ziel: Platz 26. Eher enttäuschend für mich, da ich letztes Jahr schneller war.

Mittwoch startete der Tag wunderschön und wir bereiteten uns auf das Superstock 1000 Rennen über 4 Runden vor, am Donnerstag war eine Runde Qualifying Superstock 1000, danach auf der Honda CBR 600 für 2 Runden das Supersport Rennen mit  einem soliden Ergebnis auf Platz 29 mit einer schnellsten Rennrunde von 119+mph.Beim anschließenden Superstock Rennen schaffte ich auf meiner 1000er trotz Zeitstrafe Platz 33. Dann noch das Training für die Senior TT - das wichtigste Rennen überhaupt. Wer dieses Race über 6 Runden nicht fährt, zählt nicht als Superbike Fahrer.

Freitag war es dann soweit. Es war ein echter Kampf über volle 6 Runden - doch es hat sich bezahlt gemacht: Ich konnte Platz 21 einfahren und nur wegen der 30 sek Zeitstrafe hatte ich die Top 20 verpasst. Für mich völlig egal, ich war happy mit einer Rundenzeit von 124,2 mph (199,88 km/h) Schnitt, mit der ich mich gegenüber dem Vortag nochmals um über 30sek verbessern konnte!

Dafür, dass ich vor der TT noch keine 5 Tage auf einem Superbike gesessen bin, war ich dann schon mächtig stolz und ich weiß, dass das 2019 lediglich das erste Lernjahr war, 2020 werde ich weiter arbeiten und meine Ergebnisse weiter verbessern!

Mittlerweile habe ich auch die Bestätigung bekommen, dass ich bereits in 8 Wochen wieder bei der Classic TT starten werde…. Das Training hört halt nie auf.

Julian Trummer auf Facebook: https://www.facebook.com/Julian-Trummer-Racing-91-280494172308322/

 

Publikation: Julian Trummer
Foto: OTTpix