Professor Christian Beidl und sein Team kennen fast alle Details von Fahrzeugen – insbesondere, wenn es um die Gesamtbetrachtung hybrider Antriebssysteme geht. Vor einiger Zeit wurde im Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe im Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt gemeinsam mit der Firma IVD eine Plug-In-Hybrid-Antriebseinheit speziell für kleine Fahrzeuge entwickelt. Ihr Clou: ein Zwei-Zylinder-Verbrennungsmotor, der durch ein patentiertes elektromechanisches System eine ausgezeichnete Laufruhe im Betrieb aufweist. Ein Einbau der Antriebseinheit in ein Fahrzeug als Forschungsdemonstrator war bisher nicht möglich, weil unter anderem die räumlichen Voraussetzungen fehlten. Das ist jetzt anders: Auf dem Campus Lichtwiese steht nun ein neu gebautes „Electromobility- und Hybridcenter“ für die Forschung zur Verfügung – in unmittelbarer Nähe zu den klassischen Motoren- und Hybridprüfständen des Instituts.
So kann künftig der Entwicklungsprozess vollständig und bis ins letzte Detail untersucht werden – von der Simulation über die Optimierung der Antriebsstränge an Prüfständen bis zum Aufbau von Fahrzeug-Prototypen für den Testeinsatz im neuen Zentrum, das auch für größere Fahrzeuge geeignet ist. Das von Beidls Institut konzipierte Hybridsystem für schwere Nutzfahrzeuge wird zukünftig im Rahmen eines Vorab-Exemplars aufgebaut; im Straßenverkehr wird unter Echt-Bedingungen die Effizienz des Systems untersucht. Erwartet wird der Nachweis eines hohen CO₂-Einsparpotenzials.
Forschungs-Pionier für Hybrid-Antriebe
Das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe (VKM) der TU Darmstadt forscht seit 2004 auf dem Gebiet der hybriden Antriebe. Seinerzeit war es in Deutschland das einzige Hochschulinstitut, das sich mit der Kombination der Technik von Elektro- und Verbrennungsmotoren befasste. Nach ersten Simulationsstudien wurde bereits im Jahre 2005 das erste Hybridfahrzeug detailliert analysiert; mittlerweile besitzt das Institut drei Hybridfahrzeuge und verfügt über weitere nicht-eigene Fahrzeuge.
Die Arbeiten am Institut konzentrierten sich anfangs auf die Optimierung der Betriebsstrategie. Sie steuert den Einsatz des Verbrennungsmotors und des Elektromotors als die wesentlichen Komponenten. Je nach diversen Eingangsinformationen entscheidet die Betriebsstrategie, ob der Verbrenner das Fahrzeug antreibt oder der Elektromotor – und ob Energie technisch rückgeführt wird oder ob geboostet wird. Im Zentrum der Forschung steht, den Spritverbrauch zu reduzieren, die Lebensdauer der Batterie zu erhalten und insbesondere niedrigste Emissionswerte zu erreichen. Dabei stehen Aspekte wie das dynamische Verhalten der Abgasreinigung und deren Aufwärmverhalten ebenso im Mittelpunkt wie das Thermomanagement des Verbrennungsmotors.
Fahrverhalten beeinflusst Effizienz
Schon früh wurde erkannt, dass Betriebsstrategien, die das Verhalten des Fahrers sehr genau beobachten und hieraus wahrscheinliche zukünftige Verhaltensmuster ableiten, die Effizienz des Systems deutlich steigern können. So wurden am Institut entsprechende Modelle entwickelt, die helfen, die Emissionen von Hybridfahrzeugen noch weiter zu senken und gleichzeitig im rein elektrischen Betrieb die Reichweite durch geschicktes Energiemanagement zu vergrößern.
Das Arbeitsumfeld des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe hat sich durch die Elektrifizierung von Fahrzeugantrieben stark erweitert. Das notwendige Wissen wird breiter. Dem wird bereits im Rahmen der Lehre an der TU Darmstadt Rechnung getragen. Der Start des Electromobility- und Hybridcenters ist ein weiterer Baustein, um die national wie international herausragende Rolle in Forschung und Lehre auszubauen.