Heldenreise von Rallye Queen Julia Schrenk - Africa Eco Race

julia schrenk


 
Julias Weg bis nach Mauretanien - wo sie jetzt gerade alle durch die Dünen pflügen - war schlicht eine Abenteuergeschichte pur.

Start von der Fähre aus in Nador (Marokko) hinein in die erste Etappe der Rally - nicht all zu schwierige Dünen aber schwierig zu navigieren. Schon da hat Julia alle mehr als nur überrascht:

Während sich ihr "Navigator" ganz schön in der Einöde Marokkos verfranzt hat, hat Julia eine perfekte Navigation hingelegt und ist ohne Hilfe nach 632 km ins Ziel nach Boudnib eingefahren. und das mit nur 26 Minuten (!) Rückstand auf den Führenden! Sie war zwar letzte am Tagesende, aber der Abstand zur Weltspitze lag bei unter 10 Minuten - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ihre allererste Rally überhaupt und dann gleich so ein Auftritt.

Es ging ja nie darum, dass sie eine Platzierung herausfährt, sondern das Ziel in Dakar erreocht. Aber Julia ist durch und durch eine Rennfahrerin und hat zwischendurch auf der Etappe in den Einzelwertungen auch ein paar erfahrene Dakar-Teilnehmer hinter sich gelassen.

Tag zwei war dann für rund 40.000 Zuseher und noch viel mehr unregistrierter User ein Krimi, der bis spät in die Nacht hinein gedauert hat:
611 km Von Boudnib nach Foum Zguid mit dem berüchtigten Erg Chegaga in der Wertungsprüfung - mehr Sand und höhere Dünen, als man sich vorstellen mag - da musste Julia durch.
 


Auf dem ersten Wertungsteil bis zum Erg hat sie sich erst einmal um vier Plätze nach vorne geschoben und wieder ein paar Haudegen ganz schön alt aussehen lassen. Dann kam Erg Chegaga und Julia erlebte eine besonders harte Prüfung:

Nachdem dort bei der Einfahrt in diesen riesigen (ca 25 km im Durchmesser) Sandberg schon sehr viele Fahrer (aus allen Klassen - Auto, Moto und LKW) große Probleme mit der Navigation hatten, fand Julia schließlich den korrekten Zugang und fuhr in den Erg hinein. Rund eine Stunde später bewegte sich Julias IRI-Track Anzeige am Bildschirm nicht mehr! Wenn das einige Minuten lag der Fall ist, dann gibt es keinen Grund zur Besorgnis (Pause, etwas essen, kleinere Reparatur, etc...). Julias Anzeige stand dann aber schon mehr als 40 Minuten still, bevor sie sich einige Meter weiter bewegte und dann gänzlich zum Stillstand gekommen ist.
Aus Erfahrung wussten wir, dass das nur eines bedeuten kann: Julia hatte eine Crash.

Und so war es dann auch - einige Minuten später kam das Notsignal eines anderen Fahrers rein und die Orga machte sich auf den Weg Julia zu bergen.
 
Diese Bergung dauerte dann mehr als 12 Stunden: Dunkelheit und der Ausfall des GPS bedeuteten eine sehr schwierige Suche in diesem wirklich unglaublich großen Erg.

 



Erst am nächsten Tag am Morgen konnte Julia mit dem Helikopter geborgen werden und musste die Nacht in dieser fremden Gegend verbringen. Die Temperaturen lagen um die -4 Grad.

Ich möchte gar nicht von den Sorgen reden, die sich viele tausend Menschen gemacht haben, oder von den tausenden Zuschriften, die reingekommen sind mit Glückwünschen etc....

 
Während der Nacht kamen dann die Berichte über den Crash rein:
Julia fuhr in beginnender Dunkelheit (dort wird es ja schlagartig dunkel - Dämmerung wie bei uns gibt es keine) über einen hohen Dünenkamm und stürzte dahinter in den abfallenden Teil einer sehr hohen Düne (rund 120 m). Dabei schlug sie mit dem Kopf auf und war für kurze Zeit benommen.

Sie hat dann versucht, das Bike - das natürlich in Mitleidenschaft gezogen worden ist - wieder in Gang zu bringen, um raus aus diesem Erg zu kommen. Nach etlichen Versuchen ist ihr das dann gelungen (das waren diese 40 Minuten, wo sich nichts bewegt hat). Nur wenig später stürzte sie in ein großes Sandloch, wo bereits ein französischer Teilnehmer mit seinem Buggy gefangen war.

Beide Fahrer hatten nun das Problem tief in den Sand eingegraben zu sein und nicht mehr ohne fremder Hilfe raus zu können.

 


Und jetzt passiert etwas, dass eigentlich völlig unglaublich ist:

Just dort, wo sonst nichts als tiefer Sand und hohe Dünen sind, war eine Gruppe italienischer Camper in der Nähe, die die beiden bemerkt haben!
 
Zuerst wurde der Buggy geborgen und dann Julias Bike.
Mittlerweile war es aber schon stockdunkel und an ein Weiterfahren mit dem Motorrad nicht mehr zu denken: Dünenfahren in der Dunkelheit mit dem Bikde ist wie Bungeespringen ohne Seil.

Dieser Lottosechser - die italienische Reisegruppe - hat Julia dann ein Nachtlager angeboten, etwas warmes zu essen und zu trinken und hat sich darum gekümmert, dass es Julia an nichts fehlt. In der Zwischenzeit hat der französische Buggyfahrer die Orga verständigt und die Rettung wurde eingeleitet.
 
Tags darauf holte Rene Metge mit seinem Hubschrauber Julia ab und brachte sie ins nächste Fahrerlager, wo alle (!) Julias Ankunft feierten als gäbe es kein Morgen mehr!

Jetzt musste noch das Bike mit den Bergewagen geholt werden und das dauerte sage und schreibe 37 Stunden! Mitten drin ist der LKW auch noch kurzzeitig verreckt, was dazu führte, dass Julia einen weiteren Tag aussetzen musste.
 
Tag drei verbachte Julia - die Gott sei Dank keine Verletzungen davon getragen hat bei diesem wüsten Crash - also im Fahrerlager und mit der Fahrt ins nächste Bivouac.
 
Die nächsten beiden Tage war Julia wieder im Rennen unterwegs und hat außer, dass sie zwischendurch bis auf den 16ten Platz vorgefahren ist auch noch gleich ein Statement gesetzt: einer ihrer Konkurrenten hatte einen Motorschaden und ohne zu Zögern hat Julia (die die Chefin vor Ort ist) entscheiden, dass ihr einziger Reservemotor diesem Fahrer überlassen werden muss.

Man stelle sich diese Tat vor: Julia krempelt ihr ganzes Leben um, trainiert monatelag für dieses eine Rennen um nach Dakar zu kommen, nimmt unglaubliche Entbehrungen in Kauf und denkt in dieser Situation - wo ein anderer Fahrer Hilfe braucht - keine Sekunde an sich selbst und weiss, dass sie dann selbst bei einem eigenen Motorschaden ihren großen Traum nach Dakar zu kommen aufgeben muss.

Dazu muss man wissen, dass wir die Kompetenzen klar geregelt haben und Julia in der Tat völlig autark vor Ort entscheiden kann. Sie entscheidet, was wann und wo während der Rally passiert und alle anderen des Teams müssen folgen. Wir haben ihre Entscheidung zur Kenntnis genommen und ehrlich: wir freuen uns darüber, dass sie die richtige getroffen hat.
 
Sie hat damit klar eine Botschaft gesendet, die von allen verstanden wurde: Sport eint.
 
Zwischenzeitlich hat ihr Eurosport International (80 Mio. Reichweite!) einen wunderschönen Beitrag gewidmet (hier der link zum Video - ab ca. 2:30 geht es los:



Gestern hatte Julia dann ihre erste Begegnung mit den gefürchteten Dünen von Mauretanien. Es war ein harter Kampf, den sie letztendlich aber gewonnen hat, während rund ein Dutzend Fahrer aus allen Klassen auf dieser Etappe nach Akjoujt liegengeblieben sind.
 
Es gibt darüber auch ein Video, das wunderschön zeigt, wie es Julia geht: 


 




 
Überhaupt sind schon sehr viele Teilnehmer ausgeschieden. Der Vorjahressieger ebenso, wie einige Favoriten, die teilweise mit schweren Verletzungen das Rennen aufgeben mussten.
 
Julia ist mittlerweile der Liebling des Trosses geworden: alle helfen ihr wo es nur geht - Konkurrenz gibt es bei ihr keine.
 
Den gestrigen Tag musste sie leider wegen einer Augenentzündung aussetzen: der feine Sand Mauretaniens fordert auch von der Rally Queen Tribut...
 
Heute wird Julia in Nouakchott - der Hauptstadt Mauretaniens -  gemeinsam mit dem Veranstalter der Rally, dem Chef des österreichischen Solaranlagen-Herstellers Ökovolt, dem österreichischen Honorarkonsul in Mauretanien und vieler Gäste der Schule vor Ort - die wirklich nichts haben - eine Solarenergieanlage übergeben. Sie tut das auch im Namen von Österreich und im Namen des Sports. Die Presse ist natürlich vor Ort.
 
Soweit ein kurzer Zwischenbericht zur Rally Queen - dieser unglaublichen jungen Frau, die für uns alle ein Vorbild sein sollte.
 
Publikation:Peter, Elite Racing
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