Arge 2Rad: Die Motorradwirtschaft in Österreich: Unterschätzt im ökologischen und ökonomischen Beitrag

Dass ökologische und ökonomische Ziele gleichzeitig erreicht werden können, das beweist die Motorradwirtschaft: geringere Stauzeiten, weniger Treibstoffverbrauch, geringere Treibhausgasemissionen, eine Reduktion des Parkraumbedarfs und eine rasante Entwicklung in der Elektrifizierung von Mopeds tragen – ganz besonders im urbanen Raum – zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele bei und lösen dabei positive Effekte auf Wertschöpfung und Beschäftigung aus.

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Arge2Rad im Gespräch

 Zweiradboom ungebrochen

Der Zweiradboom ist seit Jahren ungebrochen und hat durch die Pandemie einen weiteren Aufschwung erfahren. Knapp 900.000 zugelassene einspurige Kraftfahrzeuge befahren Österreich und es kommen jährlich rund 45.000 hinzu. Der Anteil der motorisierten Einspurigen an allen zugelassenen Fahrzeugen beträgt 11%, so kommt auf jede/n 9. ÖsterreicherIn über 15 Jahren ein motorisiertes Zweirad – und auch unter den Mopeds und Motorrädern wird der Elektro-Anteil immer höher. „Es freut uns, dass wir uns trotz der auch für uns schwierigen Rahmenbedingungen in den letzten beiden Jahren auf das Vertrauen unserer Kunden verlassen konnten,“ so Mag. Ing. Hubert Trunkenpolz, Vorstandsmitglied der KTM AG und der Pierer Mobility AG und Obmann der Arge 2Rad. „Alle sogenannten PTWs (Powered Two Wheelers) haben in den letzten Monaten eine ganz besondere Rolle in der Gesellschaft eingenommen und sich als wichtiges, unverzichtbares, leistbares und individuelles Fortbewegungsmittel endgültig etabliert,“ so Trunkenpolz weiter.

Neuzulassungen zeigen die Beliebtheit – hoher Anteil an E-Zweirädern

Alleine in diesem Jahr gab es in den ersten 9 Monaten im elektrischen Mopedsegment (L1e) einen Zuwachs von 47% zur Vorjahresperiode. Auch die elektrischen 125ccm Rolleräquivalente (L3e) gewinnen im urbanen Bereich an Wichtigkeit und haben zum Vorjahr um 40% zugelegt. Das entspricht mittlerweile einem Anteil von 8% vom gesamten 125ccm Markt in Österreich (zum Vergleich: in Deutschland beträgt dieser Prozentsatz 1,1%). In Europa ist der Zulassungsanteil der elektrischen Mopeds in den letzten sechs Jahren von 4.995 FZ auf 35.315 FZ gestiegen.

„Mehr Klimaschutz im Verkehr – das bringt mehr Lebensqualität: Saubere Luft, weniger Lärm und weniger Stau. Genau aus diesem Grund wollen auch immer mehr Menschen umsteigen. Das sehen wir gerade am Zweiradmarkt sehr deutlich. Die Zulassungen von E-Zweirädern sind so hoch wie nie zuvor – in diesem Jahr liegen wir bereits bei rund 20 Prozent. Und sie steigen konsequent weiter. Bei den Zweirädern sehen wir schon heute ganz klar – der Umstieg wird uns gelingen. Und das ist nicht nur gut fürs Klima, sondern auch gut für die Wirtschaft. Denn moderne E-Zweiräder schaffen Arbeitsplätze in Österreich.“,“ betont Klimaschutzministerin Leonore Gewessler die Chancen beim Umstieg auf klimafreundliche Mobilität.

Vorreiterrolle in Sachen Elektromobilität

Auch in Sachen Elektromobilität gehen vom Zweirad wichtige ökologische Impulse aus.

Österreich bewegt sich im Europavergleich mit bereits mehr als 20% Elektroanteil am gesamten Mopedbereich im absoluten Spitzenfeld. Jährlich kommen rund 10 neue Modelle dazu. Sogar bei konstantem Wachstum, werden im Mopedbereich schon vor 2030 100 % der neuzugelassenen Mopeds rein elektrisch unterwegs sein. „Besonders im urbanen Bereich ist diese Entwicklung bereits weit fortgeschritten und auch in den Regionen sehen wir viel Potenzial für E-Zweiräder – für den Weg zum Bahnhof oder in die Arbeit, oder als Ersatz für das Zweitauto“, so Karin Munk, Generalsekretärin der Arge 2Rad. „Junge Menschen haben ein hohes Bewusstsein beim Thema Decarbonisierung. Elektromobilität garantiert dieser Zielgruppe ein gutes Gewissen und eine Individualität in der Mobilität. Förderungen seitens der Importeure und der Politik sind aber weiterhin sinnvoll und notwendig, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen,“ so Munk weiter.

Ökologie Hand in Hand mit Ökonomie

Angesichts der erforderlichen Energiewende und der damit verbundenen Mobilitätswende steht auch die Motorradwirtschaft vor neuen Herausforderungen, vor allem aber neuen Möglichkeiten. Denn gerade im urbanen Raum kann das motorisierte Zweirad kurz- und mittelfristig einen wichtigen Beitrag leisten, wie die bereits zum dritten Mal von Economica durchgeführte Studie zum ökonomischen Fußabdruck© und ökologischen Beitrag der Motorradwirtschaft zeigt:

Motorräder verringern Zeitverluste

Zeitverluste verursachen volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe: 134 Millionen Stunden – der größte Teil davon überlastungsbedingt in Städten – verlieren Österreicherinnen und Österreicher jährlich im Verkehr. Das entspricht einem Wertverlust von 1,65 Mrd. Euro. Motorräder können unter bestimmten Bedingungen an Staus vorbeifahren und sparen damit bereits heute 1,6 Mio. Stunden – umgerechnet 19 Mio. Euro – an Zeitverlusten ein.

Motorräder haben geringeren Energiebedarf

Bei einer jährlichen Fahrleistung von 1,66 Mrd. Kilometern sparen bereits heute Motorräder – im Vergleich zum PKW – rund 43 Mio. Euro an Treibstoffkosten und 86.800 Tonnen CO2 ein. Das gilt natürlich auch E-Motorräder im Vergleich zum E-PKW. Denn auch hier gilt die Devise: Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen.

Motorräder sparen Platz

Weniger als ein Drittel benötigen Motorräder und Mopeds zum Parken und können damit dem überbordenden Flächenverbrauch an Parkraum entgegenwirken. Das entspricht einer Einsparung von über 7 km2 an Parkflächen – oder 1000 Fußballfeldern.

Besonders groß ist das Potenzial von Motorrädern und Mopeds in der Stadt. Ein Blick auf Wien zeigt, dass 30% der knapp 1,1 Mio. Erwerbspendlerinnen und –pendler mit dem PKW oder motorisierten Zweirad unterwegs sind.

Ein weiterer Umstieg vom PKW auf das Zweirad würde sich rechnen: Nimmt man sich andere – Wien hinsichtlich Größe und klimatischen Bedingungen vergleichbare – europäische Großstädte wie Mailand als Vorbild, müssten 13% vom PKW auf das Zweirad umsteigen. Eine knappe Million Stunden weniger Zeitverluste würden einer bewerteten Zeitkostenersparnis von 12,3 Mio. Euro entsprechen, Treibstoffkosten von 8,3 Mio. Euro könnten vermieden und 16.900 Tonnen CO2 eingespart werden. Enorm ist auch der geringere Parkraumbedarf: eine Parkfläche von insgesamt knapp 1 km2 – eine Fläche so groß wie der Bezirk Josefstadt oder 70 Mal der Grundfläche des Parlaments könnte eingespart werden. Mit der weiteren Elektrifizierung der Zweirad-Neuzulassungen steigt der Klimavorteil und die Lärmemissionen des städtischen Verkehrs reduzieren sich.

Jeder 108te Euro, der in Österreich erwirtschaftet wird, hat Motorrad-Bezug

Dass die Mobilitätswende nicht  - wie häufig kolportiert - mit einem Verlust heimischer Arbeitsplätze verbunden ist, sondern - ganz im Gegenteil - die steigende Nachfrage nach Elektromobilität auch zusätzliche, positive Effekte auf Wertschöpfung und Beschäftigung auslösen kann, das beweist die Motorradwirtschaft: mit 20% Elektroanteil am gesamten Mopedbereich und einem durchschnittlichen Wachstum von 20% pro Jahr bewegt sich Österreich im europaweiten Spitzenfeld UND kann gleichzeitig ein Wachstum in den wirtschaftlichen Kennzahlen verzeichnen. So hat es die Motorradwirtschaft im engeren Sinn selbst im Krisen-gebeutelten Jahr 2020, in welchem sie auch durch Lockdowns in Produktion und Handel getroffen wurde, geschafft, das Niveau aus 2019 zu halten.

Obwohl die Motorradwirtschaft in Österreich eine lange Tradition hat, wird sie in ihrer. gesamtwirtschaftlichen Bedeutung noch immer unterschätzt, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie sich als so genannte Querschnittsmaterie aus vielen unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen zusammensetzt. Alleine die Herstellung, der Handel und die Reparatur von einspurigen motorisierten Fahrzeugen generiert einen Wertschöpfungsbeitrag von 782,5 Mio. Euro. Im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk Motorrad erhöht sich dieser Betrag auf 3,3 Mrd. Euro, was einem Anteil von 0,92% der Wirtschaftsleistung und in der Größenordnung der Papierindustrie Österreichs entspricht. Fast 1,7 Mrd. Euro fließen dadurch an Steuern und Abgaben an die Gebietskörperschaften zurück.

Die Motorradwirtschaft sichert so viele Arbeitsplätze wie die Energieversorgung

In der Motorradwirtschaft wurden österreichweit im Jahr 2019 knapp 40.400 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert.

Produktion, Handel und Reparatur von Zweirädern trotz Lockdowns stabil und fast auf Vorkrisenniveau

Mit der Pandemie kam es zu einem wahren Motorrad-Boom, gleichzeitig aber auch zu Produktionsstopps, Schließungen im Einzelhandel sowie zur Absage von Messen und Veranstaltungen.  Dennoch sind Produktion, Handel und Reparatur mit einem Wertschöpfungsminus von 2,5% verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen. Die Zahl der Beschäftigten konnten sie sogar leicht steigern, sodass sie für einen Aufschwung gut gerüstet sind. Obwohl die Kurzarbeit viel abfedern konnte, wurden der Motorradtourismus und Veranstalter stärker getroffen: hier reduzierte sich die Wertschöpfung um 15,9% auf knapp 2,8 Mrd. Euro, die Zahl der Beschäftigten um über 6.000.

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Publikation: Arge2Rad
Foto: (BMK / Cajetan Perwein)

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