Mit dem Ales Trem Rennen in Frankreich startet eine neue Hard Enduro European Challenge Serie mit insgesamt 5 Rennen.
Neben Michael Walkner wagten sich noch zwei weitere Österreicher nach Südfrankreich, einer davon ist Jakob Blazovich (30), der vor 6 Jahren durch Freunde mit dem Endurosport begonnen hat (davor 4 Jahre MTB Downhill) und 2018 eine EXC kaufte und Wettkampfgedanken entwickelte. Neben dem Erzbergrodeo (6. Startreihe) versucht Jakob „bei Allem im Umkreis von 600km“ mitzufahren und kommt so auf ca. 150-200 BH / Jahr.
Im April 2021 noch eine Wasserdrainage in Kroatien übersehen und mit 80km/h den Gegenhang kassiert und die Bruchfestigkeit des Beinknochen überschritten (offener Schien- und Wadenbeinbruch, mit den üblichen unangenehmen Folgen), aber 2022 schon wieder beim RedBull Erzbergrodeo am Start und Ales Trem darf auch nicht verpasst werden.
Jakob nimmt uns auf sein Erlebnis in Südfrankreich mit und schildert seine Erlebnisse vor Ort.
Relativ kurzfristig entschlossen wir uns, aufgrund meiner Metallentfernung vor 8 Wochen nach Unterschenkelbruch, beim Âlestrèm Hard Enduro in Südfrankreich mitzufahren.
Michael Walkner, Florian Kirchmayer und ich sind die einzigen Österreicher die bei diesem Rennen angemeldet sind.
Beim administrativen Aufwand im Vorfeld des Rennens gab es leider keine „Chicken line“ und so musste man schon den ersten Steilhang ohne Moped überwinden.
Man benötigt nämlich:
unabhängig von einer Nationalen B- oder FIM-Lizenz, eine Französische Ein-Event-Lizenz, die extra beantragt werden muss
dafür benötigt man eine ärztliche Tauglichkeitsbescheinigung
Beleuchtung, Kennzeichen, Zulassungsschein, grüne Versicherungskarte sind eh klar
ein CE-geprüfter Brustpanzer und Helm sollte kein Problem sein
Die erste, fast unbezwingbare, Hürde war aber mein hinterlegtes Kennzeichen von der Zulassungsstelle zu bekommen.
Drei Stunden vor der geplanten Abfahrt bekam ich den Anruf, dass das Kennzeichen nun abholbereit sei. Aufatmen. So begannen Florian, Julian (sein Mechaniker) und ich die Anreise nach Frankreich Mittwoch Abends. Nach rund 15 Stunden Autofahrt kamen wir in Pôle Mécanique Alès Cévennes, einer Rennstrecke in Âles, Südfrankreich an.
Der Paddock befand sich auf einem Parkplatz der Rennstrecke.
Wir verfügten über festen, sauberen Boden, sanitäre Anlagen, Strom, Verpflegung und was man sonst so normalerweise nicht von Enduro Rennen gewohnt ist. Das ist schon einmal großartig.
Am Samstag wird der Prolog gefahren, mit der Qualifikation für den anschließenden City Prolog. Das Ergebnis legt die Startreihenfolge für das Hard Enduro Rennen am Sonntag fest. Wie die Pros machten wir eine Streckenbesichtigung, Vorbereitung ist bekanntlich der halbe Sieg. Die Prolog-Strecke ähnelt sehr bekannten Enduro Prologen, wie denen beim ÖEC, oder denen bei der HESG, schnelle Single-Trails mit schnelleren und auch technischeren Passagen, nur das dieser mit ca. 16 Minuten Fahrzeitz deutlich länger ausfällt.
Der Prolog verfügte zusätzlich über fünf Aufteilungen von Leicht bis Schwer.
Die schweren Sektionen boten bei dementsprechendem Können auch eine Zeitersparnis, die leichten Abschnitte hingegen ein sicheres Durchkommen, aber dadurch auch einen erheblichen Zeitverlust.
Die schweren Sektionen ließen mich als Hobbyfahrer schon etwas erzittern.
Bei einer berüchtigten Schlüsselstelle (siehe Jaume Solar Videos auf Youtube) musste man einen Step Up auf eine Felswand springen, sprich wenn man zu langsam ist, klatscht man gegen diese Wand und fällt Rücklings nach hinten wieder runter. Riecht nach Aua.
Im Infield, als Zwischengericht, noch ein kleiner Super Enduro Park, danach folgten wieder Single-Trails bis kurz vor dem Ziel, wo zum Abschluss eine steile Abfahrt und ein paar Hindernisse warteten.
Am Mittwoch Abends wurden wir vom Veranstalter zum Stehempfang der Profis mit der Presse eingeladen, bei welchem wir uns mit einigen Profis gut unterhalten konnten und Informationen austauschten.
Am Donnerstag stand bis auf die Anmeldung und die technische Abnahme nicht viel am Programm.
Um 15:00 öffnete die Anmeldung, deshalb ging ich bereits 15 Minuten früher hin, aber auf diese schlaue Idee sind über 200 andere Fahrer auch gekommen und die warteten schon in einer Schlange. Nach rund einer Stunde hatte ich es endlich in das Rennbüro geschafft, dort wurden meine Motorraddaten notiert und ich bekam ein Goodiebag, welches auch meine Startnummer und Armband enthielt und mein GPS. Danach brachte ich mein Motorrad zur technischen Abnahme, wo der Geräuschpegel gemessen wurde und meine Beleuchtung und Pedalerie geprüft wurde.
Nach der technischen Abnahme war es verpflichtend sein Fahrzeug in den Park Fermé zu stellen und abzusperren. Dieser befand sich in der Boxengasse der Rennstrecke. Dann folgte auch schon das Riders Briefing um 19:00 Uhr Gestartet wird in gestürzter Reihenfolge beginnend mit den Damen, Veteranen und Jugend und danach Hobby (Red) und Pro (Black).
Meine Startzeit war auf 9:30 gesetzt.
Ich ging um 9:00 in den Parc Fermé in die Box um mein Motorrad zu entsperren und mich aufzuwärmen. Als ich mein Motorrad starten wollte, sprang es nicht an. Ich versuchte es mit Anschieben und auch andere Fahrer versuchten mir zur helfen, doch ohne Erfolg. Also starte mein persönliches Zusatzrennen, nämlich das um die Teilnahme.
Gott sei Dank waren Florian und Julian beim Auto und konnten mir helfen. Unser erster Verdacht, die Zündkerze, bestätigte sich schnell und diese war dann auch schnell gewechselt. Wir bauten alles schnell wieder zusammen und ich flitzte wieder zurück, die Marshalls ließen mich Gott sei Dank ohne Diskussion durch.
Eine gute Sache hatte der ganze Stress, ich hatte keine Sekunde Zeit Nervosität aufkommen zu lassen.
Der Marshall am Start schwenkte die Fahne und Los geht’s.
Als ich auf die erste schwere Sektion zufuhr, feuerten mich viele Fans an und ich nahm meinen Mut zusammen und schaffte die Stufe ohne großen Aufwand.
Beflügelt von dem ersten Erfolgserlebnis, der ersten schweren Sektion, entschied ich mich auch die Zweite hinter mich zu bringen. Ich schnaufte einmal tief durch, gab Gas und sprang auf den Felsen hinauf. Im Nachhinein ist immer alles halb so wild.
Den restlichen Prolog Lauf spulte ich solide bis ins Ziel herunter und war mit meiner Fahrt zufrieden.
Es gab kaum Fehler und ich konnte einige Fahrer überholen und selbst wurde ich nur von einem Fahrer überholt. Für den City Prolog reichte es jedoch leider deutlich nicht. Wie ich später erfuhr, landete ich auf Platz 229 und nur die ersten 100 qualifizierten sich für den City Prolog und machten sich die ersten Startreihen in diesem für den Sonntag aus.
Im Ziel angekommen fuhr ich zu Michael Walkner und versuchte ihm so gut es ging Tipps für seinen Prolog Lauf zu geben.
Die Profis fuhren zwei aufeinanderfolgende Prolog Runden
Manuel Lettenbichler gewann diesen souverän vor Wade Young und Alfredo Gomez.
Am Sonntag, dem Tag des Hard Enduro Rennes, ging es früh los
Der Wecker läutete um 6:30 Uhr um 7:00 öffnete der Parc Fermé, alles was am Vorabend nicht mehr erledigt werden konnte, musste nun rasch erledigt werden, denn unmittelbar nach dem Riders Briefing um 8:00 musste die Anfahrt in das rund 20 Minuten entfernte Paddock des Hauptrennens angetreten werden.
Es gab zwei große Unterschiede, alle Klassen mit Ausnahme von den Pros mussten nur zwei Runden fahren. Die erste von den beiden Runden ist eher leicht und die zweite schon deutlich schwerer.
Die Profis mussten diese beiden Runden mit gesamt rund 100Km hinter sich bringen und danach noch eine Extrem Enduro Runde oben drauf meistern. Gestartet wurde immer in 10er Reihen mit Le Mans Start. Wir wurden mit abgestelltem Motor rund 10 Meter vor unser Motorrad gebeten, und mit einem Knie am Boden mussten wir am das Startsignal warten.
Der Marshall schwingt die Fahne und wir rannten los - Ich schaffte es als Zweiter in die erste Kurve.
In der zweiten Kurve verbremste sich jedoch der Fahrer vor mir und ich übernahm die Führung meiner Startreihe. Meine Pace am Anfang war sehr schnell und ich konnte gleich mal eine große Lücke auffahren. Nach ein paar Minuten verpasste ich leider eine Abzweigung und musste umdrehen, verlor meinen Vorsprung, aber konnte mich wieder direkt hinter meinem Verfolger einordnen.
Danach reduzierte ich meine Pace etwas, um mir meine Kräfte einzuteilen, trotzdem konnte ich den Vordermann überholen und auch die Lücke zu den nächsten Reihen schließen und weitere Fahrer überholen. Obwohl mein schnell gefundener Rhythmus immer wieder von spiegelglatten Holzüberfahrten oder eigenen Fahrfehlern unterbrochen wurde, fand ich wieder schnell in diesen zurück und es ging gut voran. Ich geriet auf der ersten Runde leider in drei Staus die sich gebildet hatten, gegen die kurze Pause hatte ich aber nicht unbedingt was einzuwenden.
Im Großen und Ganzen war ich mit meiner ersten Runde zufrieden. Ich hatte keine großen Probleme und erreichte das Paddock nach rund 40Km und einer Fahrzeit von 2:35 Stunden.
Nach dem Tanken startete ich meine zweite Runde die gleich zu Beginn durch einen Superenduro Park führte, der deutlich schwerer wie der des Prologs war.
Zu meinem Erstaunen meisterte ich diesen ohne größere Probleme. Nach rund viereinhalb Stunden nahm mein Rennen leider eine drastische Wendung. Ich bekam Muskelkrämpfe in meinen Adduktoren und auch Unterarmen. Dann folgten Schmerzen im linken Oberschenkel und diese waren fast unerträglich.
Anfangs schaffte ich es noch die Schmerzen zu unterdrücken, doch nach rund 30 Minuten führte kein Weg mehr dran vorbei und ich musste anhalten und eine rund 10–15-minütige Pause machen, um meinen Oberschenkel zu entlasten.
Ich bettelte Zuschauer um isotonische Nahrungsergänzungsmittel an und leider musste ich weitere minutenlange Stopps machen, wenn die Schmerzen zu groß wurden.
In Summe habe ich zu dem Zeitpunkt bestimmt bereits 6-7 Beutel mit Gel oder andere Nahrungsergänzungsmittel zu mir genommen. Meine Pace und auch meine Fahrtechnik waren zu dem Zeitpunkt jenseits von Gut und Böse und ich fuhr gefühlt wie mit 3 Promille intus. Ich überlegte mehrmals, wo und wie ich wieder zurück in den Paddock kommen würde und suchte bereits auf Google Maps und meiner Garmin Uhr nach einer Route zurück.
Ich entschied mich jedoch immer wieder weiterzumachen und doch noch bis zum nächsten Checkpoint durchzuhalten. Beim Checkpoint 3 angekommen teilte man mir mit, dass dieser Checkpoint der am weitesten vom Ziel entfernte Checkpoint ist und ich sicher noch zwei Stunden Fahrzeit bis ins Ziel vor mir habe.
Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich bereits über eine Stunde mit höllischen Schmerzen und konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich die doppelte Zeit noch einmal überstehen sollte.
Mein Kampfgeist kämpfte permanent gegen meine Schmerzen und meine Vernunft, doch ich entschied mich jedes Mal noch einen weiteren Checkpoint anzufahren.
Checkpoint 6 erreichte ich nach sieben Stunden und zwölf Minuten, zwei Minuten vor Ende der Zeit.
Zum Glück war der CP6 nur 4 Minuten vom Paddock entfernt. Denn mittlerweile hatte es 4° Grad und es war fast stockfinster. Meine Endplatzierung ist Rang 207, Florian Kirchmayer wurde 38. und Michael Walkner machte leider einen Navigationsfehler und durfte das Rennen nicht wieder aufnehmen. Er wurde als 18. gewertet.
Platz 1 ging an Wade Young, vor Manuel Lettenbichler und Mario Roman. Kabakchiev, Green und Gomez folgen auf den Plätzen 4 bis 6. In Summe wurden 481 Fahrer gewertet!
Mein Fazit:
Alles in allem kann ich abschließend sagen, dass man für sein Geld irrsinnig viel geboten bekommt und ich selten ein so top organisiertes Rennen erlebt habe.