Der fünfte lange Wettbewerbstag in Košice (Slowakei) war auf und neben der Strecke der zweifellos härteste bei dieser 'FIM Six Days of Enduro 2015' (ISDE). Auf der Strecke, weil es die ganze Nacht davor geregnet hatte. Die Piloten hatten es am Freitag daher mit einer technisch sehr anspruchsvollen und ungemein rutschigen Strecke zu tun. Doch auch neben der Strecke gab es am vorletzten Tag dieser Team-WM eine harte Auseinandersetzung, die alle Zutaten für einen veritablen Skandal beinhaltet.
Denn die Disziplinarkommission des Motorradweltverbandes FIM (Fédération Internationale de Motocyclisme) in Paris hat einem Einspruch des Frazösischen Motorradverbandes stattgegeben und die Disqualifikation von acht Top-Piloten vorerst aufgehoben. Die betroffenen Fahrer waren am Mittwoch disqualifiziert worden, weil sie eine Durchfahrtskontrolle verpasst hatten. Die Konsequenz war, dass die Teams Frankreichs, Spaniens, Großbritanniens und der USA dadurch ganz ans Ende des Klassements fielen. Die betroffenen Piloten fuhren unter Protest weiter, durch die provisorische Aufhebung ihrer Disqualifikation werden ihren Teams die entsprechenden Strafzeiten erlassen. Und das hat massive Auswirkungen auf die Gesamtwertung.
In Führung liegt jetzt nämlich das "ent-disqualifizierte" Frankreich. Die bisher führenden Australier fallen auf Platz 2 zurück. Spanien profitiert ebenfalls und rückt vom Ende des Feldes auf den dritten Platz. Großbritannien klettert auf Platz 5. Die Wogen gehen hoch. Australien hat am Abend in Košice angekündigt, die ISDE in Zukunft zu boykottieren. Das Team Australien hat ausserdem formal Protest eingelegt. Bis auf Frankreich, Spanien und Großbritannien schließen sich alle anderen Nationen diesem Protest an. Auch Österreich, wie Teamchef Christopher Schipper sagt: "Eine Durchfahrtskontrolle zu verpassen, hat immer und ohne Diskussion eine Disqualifikation zur Folge. Es wäre völlig unverständlich, wenn diese Entscheidung tatsächlich aufrecht bleibt. Wenn die FIM in Paris für das Team Frankreich in diesem Fall wirklich alle Augen zudrückt, so würde diese Team-WM nicht sportlich sondern politisch entschieden." Wie die meisten anderen Nationen wird auch Österreich der Siegerehrung nach dem finalen MX-Test am Samstag fernbleiben, sagt Schipper: "Da gibt es im Grunde ohnehin keinen Sieger zu feiern. Diese Entscheidung wird erst später am Grünen Tisch fallen."
Durch die bis auf Weiteres aufgehobenen Disqualifikationen wird das Team Österreich nun auf Platz 13 geführt. "Sportlich war das für uns dennoch ein mehr als guter Tag", sagt Chris Schipper. Vor allem Enduro-Staatsmeister Patrick Neisser hat mehr als eindrucksvoll bewiesen, wie ernst er es mit dem Teamgeist nimmt. Der Voitsberger leidet an einer Sehnenscheidenentzündung an beiden Unterarmen und hat den Wertungstag am Freitag nur unter enormen Schmerzen durchgestanden. Der Teamchef ist mehr als beeindruckt: "Man hat Patrick angesehen, dass er leidet. Aber am Ende jeder Sonderprüfung hat er uns gesagt: 'Ich verspreche euch, ich halte durch'. Patrick hat das ganze Team im Rennen gehalten. Ich ziehe meinen Hut!" Patrick Neisser selbst ist trotz aller Schmerzen fest entschlossen, auch das Finale am Samstag mit seinen Teamkollegen zu absolvieren: "Der Motocross-Test am Schluss dauert ja nicht allzu lang. Das muss ich noch schaffen. Dann gibt's erst mal ein wenig Pause."
Foto: (c) Irina Gorodniakova
Text: Panny