Die Red Bull Romaniacs 2020 - die “Vertical Madness” Ausgabe der Extreme
Sibiu, Rumänien, 31. Oktober 2020 - Das Rennen hat stattgefunden.
Entgegen aller Erwartungen und gegen alle Widerstände. In diesem schwierigen Jahr, in dem die meisten internationalen Rennen abgesagt wurden. Das Jahr, in dem die Enduro World Championship (WESS) bis auf ein Rennen abgesagt wurde. Das Jahr, in dem der Veranstalter (mal wieder…) für verrückt erklärt wurde. Weil er in Zeiten der Krise einen Event durchführen wollte, den alle anderen für unmöglich hielten. Doch in Bezug auf “Unmöglich” scheint beim Veranstalter der Red Bull Romaniacs, Martin Freinademetz, irgend etwas verpolt zu sein. Denn er liebt unmöglich. Er organisiert Events mit einer derart komplexen Logistik, dass die Durchführung an sich eigentlich unmöglich ist. Er schickt seine Rennfahrer seit Jahren in “unmögliches” Gelände und freut sich diebisch, wenn sie ihn für verrückt erklären.
Doch Freude gab es in diesem Jahr der Krise wenig. Als alle Veranstalter ringsum aufgaben versuchten Freinademetz und sein Team bis zuletzt am originalen Veranstaltungstermin im Juli festzuhalten. Nur um dann, alles vorbereitet, Flüge gebucht und Strecke markiert, wenige Wochen vorher das Handtuch zu werfen. Doch aufgeben kam für das Team um Freinademetz, die alle irgendwie gleich auf “extrem” geschaltet sind, nicht in Frage. So wurde das Rennen angepasst, neu geplant und in den Oktober verlegt, auch wieder entgegen allen Empfehlungen. Jetzt ist der Event Geschichte - und schreibt Geschichte:
Die einzige WESS-Veranstaltung im Jahr 2020
Die ersten Red Bull Romaniacs mit Schnee
Die ersten Red Bull Romaniacs ohne Zuschauer, Prolog oder Gusterita Finish
Null Rettungseinsätze
Für die Teilnehmer waren die Herausforderungen im Vorfeld ähnlich extrem und begannen mit einem Wettlauf gegen die sich ständig ändernden Vorschriften, nicht gesicherter Verfügbarkeit von Flügen und unsicheren Grenzüberquerungen. Doch die Extremsportler sind schwer von ihrer Dosis Adrenalin fernzuhalten - viele Fahrer schlugen sich, unter teilweise wüsten Bedingungen durch, einige um die halbe Welt. Dann folgten die Sicherheitsbestimmungen vor Ort: Gesundheits-Tagebuch eine Woche im voraus, ärztliche Untersuchung als Bedingung und isolierte, individuelle Einschreibung und Logistik. Das waren die mit den Behörden vereinbarten Voraussetzungen, um den Event durchführen zu können.
Dem Bedarf nach “Sozialer Distanz” fielen vor allem die Zuschauer zum Opfer, die dem Veranstalter ausdrücklich untersagt waren. Damit war auch der beliebte Prolog im Zentrum der Stadt überflüssig. Stattdessen wurde ein Zeitfahren organisiert, die “Time Trials Qualification” (TTQ), die die Startreihenfolge für den ersten Tag festlegte, natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit...
Der erste Offroad-Tag führte das Rennen ins Olt-Tal mit spektakulären „Goldener Herbst“ Bedingungen, 100% Grip und magischen Farben. Der Tag wurde von Graham Jarvis gewonnen, dem bereits jetzt Manuel Lettenbichler mächtig Druck machte. Dieses Duell, sollte sich in einem Kampf um jeden Meter und Geschwindigkeiten am absoluten Limit durch das gesamte Rennen fortsetzen. An Tag 2 führte Letti, an Tag 3 wieder Jarvis und an Tag 4 lag wieder Letti vorn.
Offroad Tag 2 wurde zum “Musterschüler” für perfekte Fahrbedingungen, angenehmes Wetter und griffige Trails. Doch die Härte der Romaniacs fordert immer ihren Tribut, angenehme Bedingungen oder nicht. In der Goldklasse musste Taddy Blazusiak wegen einer rebellierenden Schulter aufgeben und Billy Bolt verlor bei einem üblen Sturz wertvolle Zeit und Energie.
Am Offroad Tag 3 war es vorbei mit der Wellness-Stimmung, jetzt ging es ans Eingemachte. Strömender, kalter Regen erwartete die Fahrer am Morgen, die höheren Lagen waren sogar mit leichtem Schnee bedeckt. Die Rennleitung war jetzt genauso gefordert wie die Fahrer: die Track-Manager mussten ausschwärmen und die Rennstrecke rechtzeitig vor Ankunft der ersten Fahrer auf die “Regen-Option” um-routen. Das klappte reibungslos und der Renntag ging ohne größere Zwischenfälle über die Bühne.
Das große Finale an Offroad Tag 4 fand am Samstag in Sibiu statt, nachdem das Rennen die Fahrer rund 100 km rund um Sibu geführt hatte. Diejenigen, die es durch die 4 ½ Tage geschafft hatten, wurden auf den Wendeltreppen eines Rohbaus noch einmal an ihre Grenzen gebracht.
Graham Jarvis hatte während der ersten drei Tage des Rennens im erbitterten Zweikampf gegen Manuel Lettenbichler einem Vorsprung von 27 Sekunden herausgefahren. Mit diesem Vorsprung ging er am Morgen des Offroad Tages 4 an den Start, seinen siebten Titel bei den Romaniacs in greifbarer Reichweite. Die Bedingungen entsprachen genau seinem Geschmack: nass, rutschig, schlechte Sicht - und er hatte einen guten Vorsprung. Doch ein kapitaler Crash in der Gegend von Cisnadioara zerstörte seine Hoffnungen: durch verlorene Zeit und den Ausfall des E-Starters musste er sich jetzt den Rest des Tages mit Letti duellieren, der sich regelrecht in ihn verbissen hatte: der junge Wilde, der dem alten Leitwolf die Führung abnimmt. Letti’s müheloser Fahrstil und die Vermeidung schwerwiegender Fehler sicherten dem jungen Deutschen den Gesamtsieg.
Das Duell der beiden Alphas um den ersten Platz auf dem Podium wurde durch einen ebenso heftigen Kampf um Platz 3 begleitet. Billy Bolt, Alfredo Gomez und Wade Young verbrachten den größten Teil des Tages zusammen auf der Strecke und schenkten sich keinen Meter. Der Brite Bolt fuhr sich “das Herz aus dem Leib” und legte fast den ganzen Tag Bestzeiten vor. So konnte er sich den Tagessieg als Trophäe einfahren, nahm aber in der Gesamtwertung nur Platz 5 mit nach Hause. Er gewann den Tag mit einem Abstand von 45 Sekunden vor Alfredo Gomez und 59 Sekunden vor Wade Young. Während Billy sich den Tagessieg sicherte, reichte dem Spanier Alfredo Gomez sein Vorsprung von den Vortagen, sich Platz drei in der Gesamtwertung einzuverleiben.
In der Silber-Klasse setzte sicher der Däne Peter Weiss nach einer durchweg konstanten Leistung während des Rennens und heftigen Kämpfen mit seinem Hauptkonkurrenten Fabien Poirot, dem Trial Weltmeister aus Frankreich durch. Der Deutsche Eddie Findling sicherte sich den Titel in der Bronze Klasse, wo mit Bernard Hugo auch ein Franzose auf Platz zwei landete. Der rumänische “Local” Emanuel Gyenes holte sich nach einem ähnlich interessanten Duell mit dem Franzosen Romain Courty den Titel der Iron-Klasse. Damit ist der zweite Platz in drei der fünf Klassen jeweils mit einem Franzosen besetzt! In der neu gegründeten Atom-Klasse setzte sich wiederum ein weiterer Rumäne an die Spitze: Dan Mateescu beendete das Rennen mit einem Abstand von über 20 Minuten gegenüber seiner Konkurrenz.
Martin Freinademetz am Ende der Veranstaltung und nach acht Monaten Kampf um das Rennen: “Es fühlt sich noch etwas unwirklich an, ich kann es kaum glauben, dass die Red Bull Romaniacs 2020 jetzt tatsächlich stattgefunden hat! Um an diesen Punkt zu kommen, mussten wir uns völlig neu aufstellen, dunkle, ungewisse Momente der Verzweiflung ertragen und auch finanziell tief in die Tasche greifen. Aber wir haben es geschafft, dank meines Ausnahme-Weltklasse-Teams, dank unserer treuen, überzeugten Partner und der Unterstützung der Rennfahrer. Wir haben den Beweis geliefert, dass es möglich ist, in diesen schweren Zeiten einen internationalen Motorsport Event durchzuführen. Dafür braucht es neben der nötigen Hartnäckigkeit allerdings auch viel Kooperation mit den Behörden, eine sorgfältige Umsetzung der Sicherheitsvorgaben und ein wenig Glück. Es war eine wichtige Lernerfahrung und hilft uns, den Weg für zukünftige Events zu ebnen.
Doch der lange Kampf hat sich gelohnt - und nachdem ich all die glücklichen Gesichter unserer Teilnehmer und das positive Feedback gesehen habe, würde ich es jederzeit wieder tun!"
OVERALL Top 3
GOLD Class (Stand 31.10.2020)
1.) Manuel Lettenbichler 20h27m11s DEU
2.) Graham Jarvis 20h29m37s GBR
3.) Alfredo Gomez Cantero 20h41m20s ESP
SILVER Class (Stand 31.10.2020)
1.) Peter Weiss 19h16m26s DNK
2.) Poirot Fabien 19h30m29s FRA
3.) Joe Deakin 20h57m13s GBR
BRONZE Class (Stand 31.10.2020)
1.) Eddie Findling 17h32m34s DEU
2.) Bernard Hugo 17h41m10s FRA
3.) Alexander Gehlert 18h31m13s DEU
IRON Class (Stand 31.10.2020)
1.) Emanuel Gyenes 13h6m40s ROU
2.) Courty Romain 13h16m36s FRA
3.) Murray Shotter 13h39m14s IRL
ATOM Class (Stand 31.10.2020)
1.) Mateescu Dan Stefan 15h6m49s ROU
2.) Rich Mumford 16h23m37s USA
3.) Mourino Firmin 16h59m32s FRA
Tagesergebnisse OFFROAD Tag 4 - 31.10.2020
GOLD Klasse 31.10.2020:
1.) Billy Bolt 4h23m7s GBR
2.) Alfred Gomez Cantero 4h23m52s ESP
3.) Manuel Lettenbichler 4h24m6s DEU
4.) Wade Young 4h24m57s ZAF
5.) Graham Jarvis 4h26m57s GBR
6.) Michael Walkner 5h2m26s AUT
SILVER Klasse 31.10.2020:
1.) Peter Weiss 3h40m35s DNK
2.) Poirot Fabien 3h41m FRA
3.) Tim Apolle 3h50m53s DEU
4.) Joe Deakin 3h53m22s GBR
5.) Shane Moss 3h54m36s AUS
BRONZE Klasse 31.10.2020:
1.) Bernard Hugo 3h52m20s FRA
2.) Eddie Findling 3h52m38s DEU
3.) Dimitry Tagirov 3h54m16s RUS
4.) Richard Lambert 4h7m18s FRA
5.) Alexander Gehlert 4h11m33s DEU
8.) Michael Scheublein 4h32m57s AUT
IRON Klasse 31.10.2020:
1.) Emanuel Gyenes 3h2m20s ROU
2.) Courty Romain 3h6m12s FRA
3.) Murray Shotter 3h8m45s IRL
4.) Donatas Petrikas 3h11m3s LTU
5.) Kjetil Thorsen 3h25m1s NOR
10.) Peter Nesuta 3h46m29s AUT
ATOM Klasse 31.10.2020:
1.) Mateescu Dan Stefan 3h10m33s ROU
2.) Mourino Firmin 3h34m53s FRA
3.) Bouvier Laurent 3h35m FRA
4.) Reverte Euzebio 3h35m21s FRA
5.) Rich Mumford 3h35m24s USA
Mehr Infos unter: https://www.redbullromaniacs.com/results/
Text: Peter Nesuta