Lage der Situation



Lage der Situation

 

Im Sommer, als es Samstag wieder,

Gummikühe brav und bieder,

weiden ab der Straßen Grund,

röhren kernig und gesund.

 

Wo reifer Herr an Boxers Klang

erfreut sich voller Überschwang,

von hinten, man schon sieht im Spiegel:

Gebückte kommen, ein ganzes Rudel!

 

Sie kennen kein Erbarmen:

Der Jugend Kräfte in den Armen

ziehen sie am Knie vorbei,

"versägen nur!", tönt ihr Geschrei.

 

"Viel zu schnell", der Herr sich denkt

zum Straßenrand er lenkt,

entrüstet sagt er zu sich laut,

"...nein, diese wilden jungen Leut'!"

 

Bald schon naht der Reise Ziel,

Wo Kaffetass' und Topfenstrudel

servieret wird, dem flotten Rudel,

sieht man kahler Köpfe viel!

 

Graues Haar, wohin man schaut,

Falten, Brillen, Orangenhaut,

wo bleiben nur der Jugend Locken,

bei jenen, die am Bankerl hocken?

 

"Die sich auf den Sportlern bücken,

sind alle lauter Silberrücken!",

durchfährt es unsern Herrn, den reifen;

man sieht zum Lecithin in greifen.

 

Was länger schon dem Herren schwant:

Der Jugend Tage sind verplant.

Zeitvertreib Computerspiel;

Handy, Facebook haben Stil!

 

Lieber man zu Hause bleibt,

beim Chat man sich den Tag vertreibt,

anstatt mit Sound und Brausen

Bergesstraßen raufzusausen.

 

Alles seine Zeit hat eben,

wir wollten damals was erleben.

Heute aber nimmt man auch

den Computer dafür zum Gebrauch.

 

Unsre Väter fuhren noch mit Pferden,

Wir formierten Zweitakt-Herden.

"Einzig der Wandel hat Bestand",

sagt des reifen Herrn Verstand.

 

Etwas nachdenklich sodann

steckt er die Zigarre an.

"Der Jugend wird dies Leben munden,

auch wir haben einst den Weg gefunden."

 

Alexander Thiery