BMW F900GS Testbericht

Die dritte BMW im heurigen Testjahr war eine Überraschung. Bei der Abholung von BMW-Wien bekomme ich die F900GS in der Enduro Pro Version.

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BMW in Sao Paulo Yellow

Da steht also eine gelbe (Sao Paulo Yellow um EUR 258.- Aufpreis) Reihenzweizylinder mit Stollenreifen vor mir und damit hatte ich gar nicht gerechnet. Ich wusste nicht einmal, dass BMW sowas anbietet. Ein TET-fertiges Bike direkt vom BMW Händler (TET = Trans Euro Trail)?! Na bumm… gibt es neben der KTM 890 Rally und der Ducati Desert X auch eine Alternative von BMW. Die Yamaha T7 zähle ich bewusst nicht dazu, weil sie weder in der Ausstattung ab Werk noch beim Preis mithalten kann.

F900GS Enduro Version

Vorne ist eine Showa Gabel verbaut, mit Zug-/Druckstufenverstellung, hinten ein verstellbares Sachs Federbein, mit an Bord ist ist eine Lenkererhöhung und ein eigener Enduro Fahrmodus, wo man die elektronischen Helferlein selbstständig einstellen bzw. deaktivieren kann. Der Kunststofftank (14,5L) soll Gewicht sparen und dem harten Geländeeinsatz besser widerstehen.

Der Motor wird in China gebaut (natürlich nach BMW-Qualitätskriterien) und lediglich in Europa verbaut). Er leistet 105PS bei max. 93NM aus knapp 900ccm.

In Summe wiegt die BMW F900GS 219kg und geht knapp 200km/h (auch am Schotter). Für die Kurzhubigen unter uns, gibt es auch eine Tieferlegung von 870mm Sitzhöhe auf 815mm natürlich mit Verlust der Federwege, die sich zw. Vorne 230mm und Hinten 215mm bewegen.

Endurorunde und Motocrossstrecke mit der F900GS

Also wenn mir BMW eine Stoppelreifen GS gibt, mit Enduro Pro Ausstattung, dann muss ich sie natürlich auch artgerecht bewegen, dachte ich.

Bei Temperaturen um die 34 Grad, wo man normalerweise im Gänsehäufel unter einem Baum liegt, begebe ich mich also auf eine Motocrossstrecke, ganz normal mittels Tempomats über die Autobahn im Endurooutfit. Den Windschutz konnte ich so nicht erspüren, zu klein ist das vordere „Enduro-Windschild“ und beim harten Bremsen, weil der Linksspurschleicher ohne Schauen auf die Mittelspur wechselt, weil er mit seinen 85km/h den LKW mit 80km/h überholen will, muss man sich erst an das Eintauchen der Federgabel gewöhnen, bis die Bremswirkung spürbar einsetzt.

Der erste Feldweg zur MX Strecke, im Fahrmodus Dynamik, also mit allen elektronischen Helferlein, verlangte der BMW schon all ihre Regelkunst ab. Sie quittierte das mit leichten Ausdünstungen und der Fahrer begab sich sogleich in die Tiefen des BMW Bordcomputers, um alles zu deaktivieren. Wenn man jetzt nicht permanent eine BMW fährt, sind die Tiefen des Bordcomputers vielleicht nicht immer mit der persönlichen Logik d’accord, was in mehrfachen Versuchen der Adaptierung endete.

Und dann ging es los, eine Kennenlernrunde auf der MX-Strecke. Obwohl in Zeitlupe gefahren, waren meine Muskeln im Unterarm zu wenig für 219kg trainiert. Im Vergleich zu einer kleinen Enduro-KTM ist so ein Zweizylinder schon ein anders Kaliber. Früher belächelte ich die „Big Endurofahrer“ im Gelände, jetzt habe ich Respekt. Zumal das Gefühl für das Vorderrad in den Spurrillenkurven nicht vorhanden ist und man nie weiss, ob das schwere Ding nicht die Steilwandkurve durchbricht, wenn man Anleger fährt. Und dann schieben 105PS einfach viel mehr an, als 50PS.

Also noch ein paar Teilrunden auf der MX Strecke gefahren, bis das Iphone 15 Pro, welches für Fotos und Videoaufnahmen benutzt wurde, eine Hitzepause einlegte und der Fahrer eh schon Fix und Foxi dem Iphone folgte, nur die BMW hielt noch durch.

Nachdem die schwarzen Sterne beim Blick in den Nachmittagshimmel verschwanden und das Iphone wieder einsatzbereit war, ging es noch auf die enge innere Endurorunde und die gab mir den körperlichen Rest, während die BMW F900GS immer noch ablieferte. 

Im engen Gelände, oder bei gatschigen Spurrillen schneidet man nicht durch den Wald wie mit einer Hardenduro, sondern man schwimmt eher durch, daher sehe ich den richtigen Enduroeinsatz eher Piloten wie Pol Tarres, oder Bernhard Schmidtmayr vorbehalten.

Der Heimweg über die Autobahn diente dann zur Kühlung der menschlichen Systeme, während die BMW F900GS die Reisegeschwindigkeit von 150 km/h stoisch runterspulte.

Innerstädtische Geländeeinsatz

So eine BMW F900GS mit Endurofahrwerk eignet sich vorzüglich für den innerstädtischen Enduroeinsatz. Den Stau kurz über den Gehweg, oder am erhöhten Tramgleiskörper umfahren, kein Problem. Die zur Verkehrsberuhigung, oder Sicherheit angebrachten Schweller und Erhöhungen nimmt man ohne Lupfen einfach voll und die Stiegenabfahrt zum illegalen Parkplatz beim Badeplatz sind sowieso kein Problem. Natürlich haben die Geländereifen mehr Schlupf, aber die BMW Elektronik regelt tlw. unbemerkt alles weg.

Fazit BMW F900GS Enduro Pro

  • Endlich das Serienmotorrad für den TET oder das Wüstenabenteuer, dass man direkt beim Hersteller ohne eigene Umbauten bestellen kann.
     

  • Der Motor ist ausreichend stark und gutmütig zu fahren. Der Schaltautomat funktioniert ganz gut und die Elektronik (Helferlein) bei BMW hat mich immer schon begeistert.
     

  • Die einstellbare Hebelei kostet EUR 330.- Extra, was ich im Vergleich zu den anderen Paketpreisen doch als zu teuer erachte. Und dann ist es kein Zweifingerhebel wie es für die GS1300 gibt, aber dazu mehr in dem Bericht über die große GS
     

  • Die leiwanden Farben (Style GS oder Style Passion) gibt es bei BMW nur gegen Aufpreis, ohne Aufpreis fährt man in Vollschwarz, der Farbe der Trauer oder der Hoffnungslosigkeit
     

  • Der Grundpreis beginnt ab EUR 15.290.- (in AT), mein Traumbike machte im Konfigurator 18.798.- EUR aus. So viel kostet eine KTM 890 Adv R oder eine Ducati DesertX auch, aber ohne vergleichbare zusätzliche Pakete.

Ich habe heuer schon mit einer KTM 690 Enduro für TET oder Kennenlernen der Wüste spekuliert. Der Nachteil war immer der Einzylinder bei langen Verbindungsetappen. Die KTM 890 oder HSQV Norden war mir dafür immer „zu groß“, und da hat BMW mit der F900GS eine echte Alternative auf den Markt gebracht. Natürlich gibt es die 900er auch in anderen Konfigurationen, z.B die Adventure mit grösserem Tank als Tourenmotorrad, oder als normale GS ohne Stollenreifen. also ein Potpurri an Möglichkeiten die BMW anbietet.

Liebes BMW Team, bis dato hatte ich immer die Ausrede des fehlenden passenden Bikes für die Teilnahme an der Oasis Rally. Vielleicht sollten wir die F900GS bei einem Einsatz in der Wüste testen 😉?!

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