Diese E-Mail sendete ich nach der ersten Testwoche mit dem Supersportler Namens BMW S1000RR an BMW-Motorrad Österreich in Salzburg, welche Motorradreporter für Testzwecke das Motorrad zur Verfügung stellte.
Mehr ist auch gar nicht mehr zu sagen, zumindest für die Social Media Junkies, die nur mehr 5 Sekunden Videos auf TikTok oder Instagram konsumieren und nicht mehr die Zeit/Lust zum Lesen haben.
Für jene die sich zumindest eine Minute Zeit nehmen, einen Bericht über ein Motorrad zu lesen, denen sei Folgendes mitgeteilt:
210PS, 193kg (leer), 314km/h Spitze sind die eindrucksvollen Leistungsdaten. Obwohl es keine italienische Bella ist, wird man täglich wegen der BMW S1000RR angesprochen, erntet viele Blicke, Neid, Bewunderung, Böse, alles dabei - man fällt eben auf. So habe ich das nicht oft mit anderen Motorrädern erlebt.
Und das Beste: Die BMW S1000RR ist ausreichend alltagstauglich, auch in der Stadt! Man muss also nicht Redding, van der Mark und Co sein, um damit zu fahren. Die Elektronik fährt so viele „Stützräder“ aus, dass jeder „normale“ Motorradfahrer damit fahren kann. Also für jemanden mit einem parva mentula perfekt geeignet.
Überlegenswert: Die BMW S1000RR sollte man auf Krankenschein erhalten, zwecks Behandlung von diversen Psychosen (Minderwertigkeit, fehlendes Selbstwertgefühl, etc.). Ich habe solche Probleme zwar nicht, aber mir ging es beim Fahren mit der BMW viel besser…. Also eine klare Kaufempfehlung!
Die BMW S1000RR im Testbetrieb
Der Neid der Redaktionskollegen kam in Form von sehr frechen Fragen bzw. Anforderungen an den Test mit der BMW S1000RR, nachdem ich diese bei BMW Motorradzentrum Wien ausfasste: „Da wollen wir aber schon Fotos mit Ellbogenschleifen sehen“, oder „da‘reitest die BMW überhaupt“, um ein paar Kommentare zu nennen.
Und in der Tat, ich war doch etwas aufgeregt, als ich mich mit den technischen Daten vertraut machte. 210PS, Spitze 314km/h, wo werde ich die wohl fahren können. Preis mit Zubehör um die 36.000.- EUR, also sicherheitshalber die BMW einmal im Fahrmodus „Road“ nach Hause bringen, zuerst die Fotos und Videos erledigen, danach erst testen, weil wer weiß was passiert.
Ein Motorrad mit Spitze 314km/h hat im Normalfall beim Einlenken nicht die Leichtigkeit einer Supermoto, aber bei der BMW S1000RR war irgendwas merkbar anders… und dann sah ich den Grund, denn vorne und hinten sind Carbon Räder montiert. Unglaublich, wie man diese leichten Räder schon in der Stadt oder auf der Landstraße merkt. Auf der Rennstrecke scheint es eh schon Pflicht zu sein mit Carbon Rädern zu fahren.
Das typische BMW-Cockpit mit den bekannten Funktionen brauche ich nicht mehr im Detail ausführen. Die Bedienung gewöhnungsbedürftig, aber funktionell und gut ablesbar. Gekoppelt mit der BMW-App gibt es auch eine Navigation (Pfeildarstellung) im Display, und telefonieren oder Musik hören mit verbundenen Helmfreisprechsystemen ist ebenfalls möglich.
Aber die Musik, die ich hören möchte, ist die vom kreischenden 4 Zylinder, der jedoch im Fahrmodus Road eine gewisse Anfahrschwäche hat, bzw. merkt man das reduzierte Drehmoment sofort. Ich nutzte vorwiegend den Dynamik Modus und erblickte überraschenderweise doch größere Eingriffe des DTCs in der Displayanzeige, ohne dass ich jedoch einen Eingriff fühlte. 210PS für Dummies locker möglich, die Elektronik (neben DTC auch ABS Pro und ein elektronisches Fahrwerk) macht es möglich. Die Elektronik regelt Großteils unbemerkt und ich fühlte mich hervorragend überwacht und betreut.
Mit einer Körpergröße von 175cm bin ich maximal bei den Hobbits ein Riese, aber die BMW S1000RR passt mir hinsichtlich der Sitzposition sehr gut. Ich hänge nicht wie der „Affe am Schleifstein“ am Lenker und muss nicht an der Ampel 10 Meter vor der Haltelinie stehenbleiben, um diese überhaupt zu sehen (Anmerkung: Chiropraktiker empfehlen per se Supersportler zum Bewegungsausgleich der durch das Handyschauen stark nach vorne gekrümmten Halswirbelsäule).
Aber ja, die S1000RR ist ziemlich alltagstauglich und gerade in der Stadt kann man auch sehr vielen anderen Menschen damit eine Freude machen, denn man fällt mit diesem Motorrad auf. Nicht nur bei anderen Motorradfahrern, oder Fußgängern, auch bei vielen Autofahrern und da speziell die aussterbende Art der V6 und V8 Fahrer. Das gipfelte in Situationen, dass Autos extra auf der stark befahrenen Hauptstraße anhielten, um mir (also der BMW S1000RR) die Vorfahrt zu gewähren. So konnten sie die BMW zumindest ein paar Sekunden länger betrachten. In der Spurgasse wird noch Platz gemacht, wobei das bei der S1000RR gar nicht nötig ist, denn dieses Motorrad ist hervorragend Spurgassen geeignet.
Wenn man die BMW in der Früh anwirft, dann erfreut sich auch die Nachbarschaft an der mit erhöhter Drehzahl böse fauchenden S1000RR mit legalem Akrapovic Auspuff. Heizgriffe helfen die kalten Morgentemperaturen in der Übergangszeit zu überstehen, aber Achtung: Die BMW merkt sich auch nach dem Ausschalten die Einstellung der Heizgriffe. Wenn also plötzlich die Unterarme warm werden, dann liegt das nicht am Armpump, sondern weil die Heizgriffe ggf. noch aktiv sind.
Der Windschutz ist für Supersportler gewohnt perfekt, um aus der BMW S1000RR ein astreines Langstreckenfahrzeug zu machen. Bevorzugte Reisegeschwindigkeit 200km/h, ohne Probleme auch lange Strecken, aber natürlich nur in Deutschland. Der Stauraum ist erwartungsgemäß klein, aber BMW bietet Hecktasche und Tanktaschen an. Aber wehe ich sehe da einmal einen Koffer montiert!!!
Das Testmotorrad hatte einige aufpreispflichtige Extras, welche den Einstiegspreis von ca. EUR 25.000.- auf knapp über EUR 36.000.- steigert. Das wären unter anderem die Carbon Räder, die M-Lackierung (M-Paket), Auspuff, programmierbare Fahrmodi (für die Rennstrecke), M-Bremssättel, Carbon Verkleidungsteile, verstärkte Leichtlaufkette, und ein paar unwesentlichere Dinge mehr. Dieser Preis ist schon eine Ansage und liegt bei den Supersportlern doch im oberen Drittel. Für die Frugalisten unter uns bietet BMW verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten, die es jedem erlauben, sich so ein Fahrzeug zu gönnen, auch wenn man dafür dann bei den Mahlzeiten auf Suppen mit Brot umsteigt. Das hat aber zwei wesentliche Vorteile, nämlich die Lederkombi passt im Frühjahr auch noch und man hat eine BMW S1000RR zum Fahren.
Und ja, ich gebe es zu, nach der zweiwöchigen Testfahrt habe ich selbst schon mehrmals den BMW Konfigurator beim BMW Wien Motorradzentrum geöffnet und mir meine eigene S1000RR konfiguriert. Mit Abstrichen beim Zubehör kommt man dann in Preisregionen, wo an erster Stelle noch eine Zwei steht und keine Drei. Leider muss man dann unter anderem auf die weiße M-Lackierung, die Carbon Räder und den Akrapovic verzichten.
Dann hat mich meine Frau dabei erwischt, als ich gerade die Variante „mit Alles“ im Konfigurator selektierte….da stand dann eine Vier an erster Stelle beim Preis. Mittlerweile konnte ich die Scheidung abwenden.
Rauer Motorlauf – f.ck it, das ist ein 210PS Supersportler und kein warmer Eislutscher, damit man kein Halsweh bekommt
Wenig Drehmoment im unteren Drehzahlbereich – pfeiff drauf, dass Ding will drehen, also gib ihm die Drehzahl.
Ein Kupplungsseil und keine hydraulische Kupplung – OK, dass ist etwas „merkwürdig“, hat aber sicher etwas mit „Rennsport“ oder so zu tun?!
Die Führerscheinentzugsgefahr ist enorm hoch, aber dafür kann ja die BMW nichts. Wenn man mit der BMW-App verbunden ist, dann kann man sich die Geschwindigkeitsbegrenzungen einblenden lassen. Das hilft, um festzustellen, dass man schon im ersten Gang auf der Stadtautobahn zu schnell ist.
12L / 100km à na und, mein Diesel-PKW sauft nach dem Anti-Schummelsoftware Update auch so viel… 210PS brauchen eben Sprit.
Der Preis… immer noch billiger als eine italienische Bella, dafür mit deutscher Technik. Die leiwande weiße Farbe ist aber nur im M-Paket enthalten, was den größten Aufpreis darstellt, leider!
Die größte Kritik gibt es aber an BMW Motorrad Austria, weil trotz meiner Mail haben sie mir das Spielzeug wieder weggenommen, jetzt bin ich in ein tiefes mentales Loch gefallen, eine Sinnkrise sozusagen. Aber BMW war dann doch gnädig und hat mir ein Licht in der Ferne gezeigt, die M1000RR. Ich freue mich schon drauf von diesem Motorrad berichten zu können.
Klare Kaufempfehlung für alle Raser, Poser, Erben, Rennstreckenfahrer mit Großgeld, und Motorradfahrer, die noch wissen welche Art von Motorrad der King ist, nämlich ein Supersportler und keine weichgespülte Reiseenduro mit mehr Stauraum als ein VW Golf.
Supersportler prägten früher das Straßenbild, mittlerweile gehören sie zu den seltenen Arten auf öffentlichen Straßen. Die BMW S1000RR hat mir gezeigt, dass das so nicht sein muss. Ein technisch hochwertiger Supersportler mit sehr guten Alltagseigenschaften und ausreichend bequemer Sitzpositionen kann anstandslos als „daily driver“ eingesetzt werden. Am Wochenende dann die kurvenreiche Hausstrecke meistern und ab und zu einen Ausflug auf die Rennstrecke mit der BMW S1000RR, was will „Biker“ mehr?!
So und jetzt habe ich einen Termin bei meiner Hausbank, mal schauen was die dortigen Konditionen für EUR 36.000.- sind.